Thema der Woche

02. Juni 2004

Viel Klärungsbedarf bei Pass-Biometrie

Möglichkeiten und Grenzen biometrischer Anwendungen im Pass- und Personalausweiswesen hat das [externer Link] Büro für Technikfolgenabschätzung (TAB) beim Deutschen Bundestag in seinem [externer Link] 93. Arbeitsbericht untersucht und Ende Mai in einer gemeinsamen Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vorgestellt. Die [externer Link] Zusammenfassung sieht hierbei einen deutlichen Klärungsbedarf sowohl hinsichtlich der Kosten- und Nutzenfrage sowie der verwendeten Verfahren als auch beim Datenschutz: "Die politischen, finanziellen und organisatorischen Konsequenzen einer Einführung und Nutzung biometrischer Identifikationssysteme auf allen Ebenen, sind erst in Ansätzen durchdacht. Hier wären umfassende Folgenanalysen angebracht, die Fingerzeige für eine politische und datenschutzrechtliche Gestaltung der bereits jetzt eingetretenen Entwicklungsdynamik liefern", mahnt das TAB. Ferner sollte das Spannungsfeld zwischen dem Ziel Sicherheit einerseits sowie den Zielen Schutz der Privatsphäre und Begrenzung des Missbrauchspotenzials andererseits offen diskutiert und durch technische und rechtliche Maßnahmen reduziert werden.

Nach der offiziellen Vorstellung des Berichts ist zudem auch das Gutachten zu [externer Link] Datenschutzrechtlichen Anforderungen an den Einsatz biometrischer Verfahren in Ausweispapieren und bei ausländerrechtlichen Identitätsfeststellungen veröffentlicht worden, welches das [externer Link] Unabhängige Landeszentrum für den Datenschutz (ULD) im Auftrag des TAB erstellt hat. Zu den Kernthesen der Kieler Datenschützer gehört dabei eine klare Zweckbindung: "Die Erhebung, Verarbeitung und Speicherung biometrischer Daten bedarf einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem Zweckbindungsgrundsatz genügt. Eine Speicherung biometrischer Merkmale auf Vorrat zu unbestimmten Zwecken ist unzulässig." Solange die Merkmale von Bundesbürgern nur zur Überprüfung der Echtheit eines Ausweisdokumentes und zur Identitätsprüfung ausgelesen und verwertet werden dürfen, sei dem aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hergeleiteten strengen Zweckbindungsgrundsatz Rechnung getragen – hier stellt sich allerdings die Frage, wie einem weiter gehenden Ge- oder Missbrauch durch verarbeitende Stellen im In- und Ausland entgegenzuwirken ist. Bezüglich Ausländerpapieren kritisiert das ULD bereits jetzt die pauschale Verarbeitungsbefugnis im deutschen Ausländergesetz (§ 5 Abs. 7 AuslG) als "mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Zweckbindung nicht in Einklang zu bringen".

Zudem müsse sich der Gesetzgeber bei den Ausführungsvorschriften generell am Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit orientieren. Biometrische Merkmale dürfen zudem nicht verwendet werden, um Persönlichkeitsprofile über Betroffene zu bilden. Und nicht zuletzt stellt das Gutachten auch die vom Gesetzgeber vorgenommene Beschränkung der möglichen biometrischen Merkmale auf Finger, Hände oder Gesicht infrage, "da diese sich unter dem Aspekt der Falscherkennung beziehungsweise Falschakzeptanz biometrischer Systeme als nicht unproblematisch erweist".