[Aufmachergrafik: heller, corporate design] Übung macht den Meister Übungen im Kontext des Notfall-, Krisen- und Kontinuitätsmanagements

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erschienen in: <kes> 2009#4, Seite 20

Rubrik: Management und Wissen

Schlagwort: Notfallübungen

Zusammenfassung: Wie sehen die "Critical Success Factors" für eine erfolgreiche Übung und die anschließende Übungsauswertung aus? Der vorliegende Beitrag skizziert ein in der Praxis bewährtes Vorgehensmodell zu Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Übungen im Rahmen des Notfall-, Krisen- und Kontinuitätsmanagements.

Autor: Von Michael Müller, Frankfurt/Main

Die zunehmende Bedeutung der Notfall- und Krisenvorsorge für Unternehmen und Behörden erfordert nicht zuletzt das Üben festgelegter Alarmierungswege, Prozesse und Abläufe innerhalb der Organisationsstrukturen. Etablierte Standards wie der BS 25999 "Business Continuity Management" und der BSI-Standard 100-4 "Notfallmanagement" [1] weisen ausdrücklich auf die Notwendigkeit der Durchführung von Übungen hin. Auch die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk BA/VA) legen verbindlich fest: "Die Wirksamkeit und Angemessenheit des Notfallkonzeptes ist regelmäßig durch Notfalltests zu überprüfen."

Übungen als Abschluss eines Ausbildungsabschnittes sowie zum Wiederholen und Trainieren bestehender Fähigkeiten und Fertigkeiten sind typisch für verschiedenste Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen – die Redewendung "Übung macht den Meister" ist allgegenwärtig. In militärischer Ausbildung nimmt "drillmäßiges Üben" einen breiten Raum ein: mit dem Ziel, die geübte Tätigkeit unabhängig von allen äußeren Umständen ausführen zu können, ohne sich auf diese spezielle Tätigkeit konzentrieren zu müssen – und so in der Lage zu bleiben, "nebenher" weiterhin Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und entsprechend zu reagieren.

Das Beherrschen entsprechender Abläufe "im Schlaf" dürfte zwar nur selten Übungsziel im Kontext des Krisen- und Kontinuitätsmanagements sein. Aber das gezielte Training der in Krisensituationen notwendigen Prozesse und Arbeitsabläufe gewinnt zunehmend auch in Unternehmen und Behörden an Bedeutung: Zum einen dienen Übungen zur Überprüfung der eigenen Notfallvorsorge, zum anderen lernen die handelnden Personen innerhalb der Notfallorganisation mit den Eigenschaften einer Krise umzugehen (Überraschungsmoment, Informationsmangel bzw. Informationsflut, Entscheidungsdruck und Handlungsdruck gegenüber Öffentlichkeit und Presse) und entwickeln Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten sowie in die Fähigkeiten der Organisation, Notfälle und Krisen professionell zu bewältigen.

Notfall-Übungen in Unternehmen und Behörden sind zwar keine Neuentdeckung, aber Umfang und Zielsetzungen haben sich in den vergangenen Jahren mit der Weiterentwicklung des Business-Continuity-Managements (BCM) verändert. Übungen und Tests im Rahmen der IT sind in vielen Unternehmen mittlerweile üblich und laufen gewissermaßen routinemäßig ab. Auch eine Gebäuderäumung lässt sich mit relativ geringem Aufwand planen und durchführen.

Eine neue Qualität bringt jedoch die zunehmende Verlagerung von Übungs-Schwerpunkten auf Prozesse zur Notfall-Bewältigung, die verschiedene operative Bestandteile der Notfallorganisation einschließen und deren Zusammenspiel im Rahmen der Krisenbewältigung trainieren. Dies bedeutet keineswegs das Ende von IT-Tests oder isolierten Gebäuderäumungen; diese sind jedoch zukünftig in einen Gesamtübungsplan einzubetten und dienen dadurch gleichzeitig der Prüfung von Schnittstellen innerhalb der Notfall- und Krisenorganisation.

Modell zur Übungsplanung

Das hier beschriebene Modell umfasst vier aufeinander folgende Phasen (vgl. Abb. 2), die eine zielgerichtete und nachvollziehbare Übungsdurchführung und Auswertung sicherstellen. Das Ziel einer Übung besteht darin, Verbesserungspotenzial im Notfall- und Krisenmanagement aufzuzeigen und Fehler in der Organisations- und Ablaufstruktur festzustellen – gleichzeitig bewirken Übungen neben dem unmittelbaren Trainingseffekt auch eine Sensibilisierung der Mitarbeiter für das Thema Notfall- und Krisenmanagement. Es ist nicht das Ziel einer Übung, diese fehlerfrei zu absolvieren! Nicht selten wird bei auftretenden Schwierigkeiten kurzfristig Übungsziel, Szenario oder Komplexität angepasst, um im Rahmen der Übungsauswertung keine Mängel feststellen zu müssen – zu Unrecht: denn ohne "Lessons Learned" erfolgt keine Weiterentwicklung.

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Abbildung 2: Vorgehensmodell zur Übungskonzeption

Eine Übung kann zudem nur erfolgreich sein, wenn sie an den Reifegrad des Unternehmens (bzw. der Behörde) im Notfall- und Krisenmanagement, an Fähigkeiten und Ausbildungsstand der beteiligten Personen und an die jeweilige Organisation selbst angepasst ist. Die Übungskonzeption ist immer eine Gratwanderung zwischen Über- und Unterforderung der Beteiligten – stimmt die "Balance" nicht, lehnen diese weitere Übungen erfahrungsgemäß ab.

Phase 1:
Ziel-Festlegung

Bereits diese erste Phase prägt entscheidend den Erfolg oder Misserfolg einer Übung: Zunächst gilt es, das Ausgangsniveau der Übung zu analysieren. Liegt ein etabliertes Notfall- und Krisenmanagement vor? Wird die Übung im Rahmen der Einführung des Notfall- und Krisenmanagements oder als Abschluss der Einführung durchgeführt? Sind Mitarbeiter mit den Rollen im Not- und Krisenfall vertraut? Gab es bereits vorangegangene Übungen? Wenn ja: Was waren die Ergebnisse? Diese und weitere Fragen dienen dazu, einen "Abholpunkt" für eine Übung zu definieren, die einerseits Mitarbeiter herausfordert und andererseits das Risiko für das Unternehmen oder die Behörde bei der Übungsdurchführung begrenzt.

Anschließend ist die Frage zu beantworten, welche Ziele die Übung verfolgt – anders ausgedrückt: Wer oder was soll schwerpunktmäßig "beübt" werden? Ein falsch oder ungenau definiertes Übungsziel verwirkt die erforderliche Akzeptanz bei den Übungsbeteiligten und führt leicht dazu, dass die Übung als unzweckmäßig und nutzlos empfunden wird. Beispiele für Übungsziele sind:

Steht das Übungsziel fest, ist die Art der Übung zu wählen (vgl. Tab. 1), mit deren Hilfe das Übungsziel erreicht werden soll. Die Übungs-Art wird wesentlich vom Abholpunkt und vom Übungsziel bestimmt und hat erheblichen Einfluss auf Kosten und Nutzen (Aussagekraft der Ergebnisse) einer Übung.

Übungsart Kurzbeschreibung Übungsziel Kosten / Nutzen
Schreibtischtest Überprüfung der Funktions­fähigkeit und Aktualität vestehender Notfallpläne basierend auf einem Risikoszenario Überprüfung der inhaltlichen Vollständigkeit und Funktions­fähigkeit eines Notfallplans
  • einfache Übungsvorbereitung
  • geringer Zeitbedarf
  • grundlegende Prüfung der Notfall­planung, Erkenntnisse der Planungs­anpassung
Überprüfung / Vor-Ort-Test überprüft das Zusammenspiel von Rollen, Einrichtungen und IT eines Notfallplans mit den Rolleninhabern Überprüfung der Notfallplanungen und der Kontinuitäts­strategien
  • einfache Übungsvorbereitung
  • geringer Zeitbedarf
  • geringer Nutzen in Bezug auf den Nachweis der Funktions­fähigkeit der Kontinuitäts­strategien sowie der Notfall­planungen
Prozess- oder Simulations­übung (bspw. Stabs­übung oder Stabs­rahmen­übung) Durchführung eines Notfallplans basierend auf einem Risiko­szenario, z. B. unter Nutzung definierter Ausweich­arbeitsplätze und festgelegter Notfall­ressourcen Überprüfung der Durch­führbarkeit und Funktions­fähigkeit eines Notfall­plans oder der zugrunde liegenden Kontinuitäts­strategie auf Einhaltung der Zeit­vorgaben
  • Intensive Übungsvorbereitung
  • hohe Ergebnis­qualität in Bezug auf die Durch­führ­barkeit der geübten Notfall­pläne
Voll-Simulation (freilaufende Übung) In einem Krisen­szenario üben die Teilnehmer die Kontinuitäts­strategie und Notfall­planungen für das Unter­nehmen; Beteiligte sind: Krisenstab, Fachbereiche, Dienstleister Prüfung der Inter­aktion innerhalb des Unter­nehmens während einer unterneh­mensweiten Krisen­situation, Über­prüfung der Ein­hal­tung von Verfüg­bar­keiten
  • sehr aufwändige Planung
  • hoher Personal­einsatz
  • hohes Risiko für das Gesamt­unternehmen
  • sehr große Aussage­kraft über die Funktions­fähigkeit der Kontinuitäts­strategien und Notfall­planungen

Tabelle 1: Verschiedene Übungsarten

Im nachfolgenden Schritt sollten geeignete Übungsfälle festgelegt werden, welche die Übungsteilnehmer im Laufe der Übung abarbeiten. Sie sollten eine abschließende Aussage ermöglichen, ob alle auftretenden Bearbeitungsfälle für das Übungsziel mit den etablierten Notfallstrategien und -maßnahmen bearbeitet werden können.

Abschließend erfolgt die Definition protokollierbarer Übungs-Teilziele, die eine dezidierte und nachvollziehbare Aussage über den Übungserfolg ermöglichen. Teilziele müssen so granular sein, dass bei ihrer Nichterfüllung konkrete Handlungsoptionen und Maßnahmen ableitbar sind. Beispiele für Übungsteilziele sind:

Phase 2:
Übungs-Planung

Die detaillierte Planung der Übung beginnt mit dem Festlegen des Übungs-Umfangs – allem voran aufgrund von Übungsziel und -art: Schreibtisch- und Vor-Ort-Tests erfordern in der Regel einen wesentlich geringeren Umfang als Simulations- oder Vollsimulationsübungen. Soll beispielsweise eine gesamte Abteilung oder ein Unternehmensbereich üben? Sollen alle Geschäftsprozesse der Abteilung an Ausweicharbeitsplätzen oder im Notbetrieb erfolgen? Werden weitere Abteilungen oder Bereiche benötigt oder sind diese in die Übung einzubeziehen (z. B. Unterstützung durch IT und externe Dienstleister)? Soll die Schnittstelle zum Krisenstab geprüft werden – beispielsweise durch regelmäßige Lagemeldungen? Anhand solcher Fragestellungen ist der Umfang der Übung auf ein Maß zu begrenzen, das eine detaillierte, nachvollziehbare Aussage über das Erreichen des Übungsziels bei minimalem Kosten- und Ressourcenaufwand ermöglicht. Zusätzlich wird damit soweit wie möglich das Risiko reduziert, das sich aus der Übungsdurchführung ergibt; gerade Simulations- und Vollsimulationsübungen bergen jedoch immer gewisse Gefahren.

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Mehr als Ablaufpläne abarbeiten!

Krisenstabsübungen sind die wohl bekannteste Übungsform in Unternehmen und Behörden. Natürlich müssen Stäbe üben, die als Beratungs- und Koordinierungsgremium im Fall einer Krise die Führung der Notfall- und Krisenorganisation übernehmen sowie Entscheidungen der Funktionsträger vorbereiten und unterstützen. Häufig wird hierzu die personelle Besetzung beübt, Kontaktlisten abgearbeitet, Räume besetzt und die Alarmierungskette geprüft.

Doch in konkreten Krisensituationen treten oft Probleme in der Stabsarbeit, in der Lagebeurteilung und Entscheidungsfindung auf [2]: Da Krisenstabsmitglieder in der Regel Führungskräfte der ersten und zweiten Führungsebene sind, erwartet man, dass sie Teamarbeit und Führung in komplexen Situationen beherrschen. Die besonderen Herausforderungen, die eine Krisensituation an den Krisenstabs stellt, werden deshalb häufig nicht oder nur unzureichend trainiert: Die Beteiligten kennen dann zwar die Dokumentationen zu Notfall- und Krisenmanagement, haben aber noch keine komplexe Krisenlage beurteilt, keine Ausweicharbeitsplätze beziehen lassen oder eine Krisenkommunikationsstrategie innerhalb kurzer Zeit unter Zeitdruck und in ungewohnter personeller Zusammensetzung erarbeitet. Zur Bewältigung einer realen Krise ist es jedoch erforderlich, dass die Mitglieder des Krisenstabs die Fähigkeiten der einzelnen operativen Krisenorganisationseinheiten kennen und diese entsprechend einsetzen können – auf passende Übungsziele ist daher zu achten!

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Übungsstrategie

Eine wichtige Möglichkeit zur Risikoreduktion liefern eine langfristige Übungsplanung und das Üben in kleineren (Teil-)Einheiten. Um den Anforderungen nach einer regelmäßigen Überprüfung des Notfall- und Krisenmanagements gerecht zu werden, hat sich eine strategische Übungsplanung für einen Zeitraum von drei bis vier Jahren bewährt. Innerhalb dieser Spanne werden verschiedene Organisationsstrukturen des Notfall- und Krisenmanagements allein oder in Kombination beübt – ein Beispiel gibt Abbildung 3.

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Abbildung 2: Beispiel einer Übungsplanung im Rahmen einer mehrjährig angelegten Übungsstrategie

Zeitplanung

Im nächsten Schritt wird der Zeitpunkt beziehungsweise der Zeitraum der Übung festgelegt – Übungen können von wenigen Stunden über mehrere Tage bis hin zu Wochen dauern. Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist: Gibt es besonders arbeitsreiche Zeiten (z. B. Jahresabschluss, Stichtage usw.), an denen Übungen den Geschäftsbetrieb zu stark beeinträchtigen würden?

Beteiligte

Die Auswahl der Übungs-Beteiligten folgt einerseits aus dem zuvor festgelegten Umfang; zum anderen müssen aber auch Übungsbeobachter und ihre Rollen festgelegt werden. In der Praxis hat sich bewährt, zu diesem Zeitpunkt die interne Revision in die weitere Planung einzubeziehen – während der Übungsdurchführung sollte sie regelmäßig die Rolle eines Übungsbeobachters übernehmen. Des Weiteren ist die Übungsleitung festzulegen und bei umfangreichen Simulationsübungen zusätzlich ein Leitungsstab vorzusehen.

Szenario

Ein Grundsatz militärischer Übungen lautet: "Keine Übung ohne Lage." Diese Regel sollte auch im zivilen Umfeld befolgt werden. Ein Standardszenario passt jedoch nur selten auf die konkrete Situation der eigenen Organisation; insofern ist ein individuell ausgearbeitetes Szenario erforderlich, das die Besonderheiten des Unternehmens oder der Behörde berücksichtigt. Seine Erstellung kann bei komplexen Simulationsübungen sehr aufwändig sein, aber ein mangelhaftes oder unrealistisches Szenario lässt schnell an Sinn und Nutzen der Übung zweifeln. Ob das Szenario den Beteiligten bereits in der Ausarbeitungsphase bekannt gegeben wird oder die betroffenen Führungskräfte sogar bei der Erstellung mitwirken, hängt von dem in Phase 1 definierten Abholpunkt ab.

Den vorletzten Schritt der Planungshase bildet die Erstellung des Übungsdrehbuchs. Bei Schreibtisch- und Vor-Ort-Tests ist der Aufwand hierfür gering, bei allen anderen Übungsarten ist ein Drehbuch absolut notwendig und gewährleistet erst den plangemäßen und kontrollierten Ablauf der Übung. Seine Hauptaufgabe: die Übungsteilziele in eine Reihenfolge bringen, die dem Workflow der Teilnehmer bei der Bearbeitung der Übungsfälle entspricht.

Bei der Erstellung des Übungsdrehbuches können durchaus erste Schwierigkeiten und Mängel in der Organisation und den Prozessen in Erscheinung treten. Hierbei handelt es sich bereits um erste Übungsergebnisse, die man als solche dokumentieren sollte. Soweit möglich sind die Hindernisse vor der Übungsdurchführung zu beseitigen – wo das nicht möglich ist, lässt sich der erkannte Fehler durch eine Einspielung oder Änderungen im Übungsablauf umgehen.

Das Übungsdrehbuch dient zudem der Kontrolle des Übungsverlaufs und nennt der Übungsleitung einzuspielende Lagemeldungen sowie Zeiten und Wege hierfür. Dabei ist das Drehbuch so zu erarbeiten, dass die Übungsleitung in bestimmten Abständen die Möglichkeit hat, den aktuellen Wissensstand der Übungsteilnehmer über Lage und Auftrag zu prüfen, um die weitere Übungsentwicklung gegebenenfalls anpassen zu können.

Abschließend sind Protokolle für die Übungsbeobachter zu erarbeiten, die Übungsteilziele in der Reihenfolge des Übungsdrehbuches darstellen und so die Protokollierung und Bewertung der Übungsergebnisse ermöglichen. Auch die Übungsteilnehmer können in die Beobachtung einbezogen werden und dann jeweils ein individuelles Protokoll führen – dies ist besonders bei der Erfassung von IT-Anwendungen und Anmeldeprozeduren sinnvoll.

Phase 3:
Übungs-Durchführung

Die Vorbereitung der eigentlichen Übung umfasst zunächst die Buchung von Räumen, das Einrichten und Prüfen von Übungsdaten und -datenbanken, die Absprache mit beteiligten internen und externen Dienstleistern sowie mit betroffenen Abteilungen und Bereichen. Ein wichtiger Punkt ist die erneute Prüfung des Gesamtrisikos durch die Übungsdurchführung, um geschäftsschädigende Risiken oder Risiken für die Übungsbeteiligten auszuschließen, die durch eventuell veränderte Bedinungen seit der Planung entstanden sein können.

Anschließend erfolgt die Einweisung der Übungsbeobachter in ihre Rollen und Aufgaben: Hierbei ist es besonders wichtig, dass die Beobachter den Ablauf der Übung verstanden haben, das Drehbuch kennen und mit den jeweiligen Protokollen vertraut sind. Zudem müssen alle Übungsbeobachter über ein gleichartiges Verständnis der Zielerreichungskriterien verfügen, um eine nachvollziehbare und objektive Auswertung sicherzustellen. Zusätzlich können die Übungsbeobachter auch eigene Wahrnehmungen im Protokoll festhalten und den Übungsverlauf im Sinne von "Lessons Learned" bewerten.

In einem dritten Schritt erfolgt die Einweisung der Übungsteilnehmer in Übungs-Ziele, -Ablauf und ihre jeweiligen Aufgaben – der eingangs definierte Abholpunkt bestimmt dabei den Umfang und die Detailliertheit dieser Einweisung. Dabei ist es wichtig hervorzuheben, dass die Übungsauswertung keine Bewertung von Einzelleistungen darstellt und auftretende Fehler bewusst protokolliert werden sollen – nur so lassen sich letztlich Mängel erkennen und beseitigen.

Es folgt die eigentliche Übungsdurchführung: Die Beteiligten füllen ihre jeweiligen Rollen aus und die Übung wird planmäßig durch die Übungsleitung beendet. Direkt im Anschluss folgt die Übungsnachbereitung: Zuerst werden die Übungsteilnehmer (bspw. in einer Feedbackrunde) gebeten, ihre Eindrücke wiederzugeben – dabei sollen bewusst positive wie negative Punkte angesprochen werden. Abschließend erfolgt eine kurze Gesamteinschätzung durch die Übungsleitung, sodass die Beteiligten ihre Leistung als Team einordnen können und wissen, ob die Übung erfolgreich absolviert wurde.

Phase 4:
Übungs-Auswertung

Ein förmlicher Übungsbericht sollte in komprimierter Form nochmals die Ergebnisse der vorangegangenen Phasen darstellen und eine fundierte Aussage zur Zielerreichung der Übung geben. Die ausgearbeiteten Übungsteilziele ermöglichen nun eine stochastische, nachvollziehbare Übungsauswertung und eine fundierte Gesamtaussage. Dabei sollten nicht-erreichte Teilziele explizit aufgelistet und Handlungsoptionen sowie konkrete Maßnahmen zur Beseitigung der erkannten Mängel dargestellt werden. Grundlage zur Bewertung des Übungserfolgs bilden zum einen die Übungsprotokolle der Beobachter und zum anderen die festgestellten Mängel (auch im Rahmen der Drehbuch-Erstellung).

Der Bericht dient sowohl gegenüber der internen Revision als auch gegenüber externen Prüfern als Nachweis für die durchgeführte Übung und für ein im Unternehmen verankertes Notfall- und Krisenmanagement. Zunehmend erwarten aber auch Kunden und Lieferanten ein funktionsfähiges Notfall- und Krisenmanagement. Eine protokollierte Übung mit transparenten und nachvollziehbaren Ergebnissen ist auch hier ein wertvoller Beleg der Leistungsfähigkeit des Unternehmens beziehungsweise der Behörde.

Den Abschluss der Übung bildet die Festlegung der umzusetzenden Maßnahmen zur Verbesserung des Notfall- und Krisenmanagements. Dazu sollte man bereits im Übungsbericht Zeiten und Verantwortliche für die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen festlegen; die Umsetzung ist wiederum zu prüfen. Hier schließt sich der Kreis: Der Übungsbericht und die umgesetzten Maßnahmen fließen in die erneute Übungszielsetzung ein. Je nach Ergebnis und Umsetzungsstand der Maßnahmen verändert sich damit der Ausgangspunkt für zukünftige Übungen.

Fazit

Zu Beginn wurde die Frage aufgeworfen, was eine erfolgreiche Übung kennzeichnet – zusammenfassend sind es fünf Faktoren, die den Erfolg entscheidend prägen:

Die vier Phasen des hier vorgestellten Modells gewährleisten eine transparente, nachvollziehbare und für die Übungsteilnehmer herausfordernde Übung. Vor allem aber ist das skizzierte Vorgehensmodell der Garant für eine erfolgreiche Übungsdurchführung.

Michael Müller (mimueller@kpmg.com) ist Assistant Manager bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG.

Literatur

[1]
BSI-Standard 100-4 Notfallmanagement, Bundesanzeiger Verlag, ISBN 978-3-89817-693-4, online unter [externer Link] www.bsi.bund.de/literat/bsi_standard/standard_1004.pdf
[2]
G. Hofinger, Teamtrainings für die Krisenbewältigung, in: C. Buerschapper, S. Starke, Führung und Teamarbeit in kritischen Situationen, Verlag für Polizeiwissenschaft, Frankfurt 2008, ISBN 978-3-86676-034-9