Thema der Woche

24. Januar 2007

Wider die TK-Vorratsspeicherung

Eine ungewöhnlich breite Front von 27 Verbänden hat in einer [externer Link] gemeinsamen Erklärung den [externer Link] aktuellen Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums (PDF) als inakzeptabel zurückgewiesen, der künftig eine umfassende prophylaktische Datensammlung über die Nutzung von Telefon, Handy, E-Mail und Internetdiensten zur Strafverfolgung festschreiben soll (sog. Vorratsdatenspeicherung). Zu den Unterzeichnern gehören neben Datenschutz- und Internetaktivisten sowie Bürger- und Menscherechtsorganisationen auch namhafte Presse- und Medienverbände, Anwalts- und Juristenvereine sowie der [externer Link] eco Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V., die [externer Link] Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv) und die [externer Link] Evangelische Konferenz für Telefonseelsorge und Offene Tür e. V. Dass ohne jeden Verdacht einer Straftat sensitive Informationen über soziale Beziehungen, die individuelle Lebenssituation sowie Bewegungsdaten von über 80 Millionen Bundesbürgern gesammelt werden sollen, lehnt die Initiative grundsätzlich ab.

Unter anderem höhle eine solche Vorratsdatenspeicherung Anwalts-, Arzt-, Seelsorge-, Beratungs- und andere Berufsgeheimnisse aus und begünstige die Wirtschaftsspionage. Sie untergräbt zudem den Schutz journalistischer Quellen und beschädigt damit die Pressefreiheit im Kern. Dass die Telekommunikationsanbieter die enormen Kosten einer sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung tragen sollen, werde zudem zwangsläufig Preiserhöhungen nach sich ziehen, zur Einstellung von Angeboten führen und mittelbar auch die Verbraucher belasten.

Neben einer verbesserten Strafverfolgung begründet die Bundesregierung die geplante Vorratsdatenspeicherung damit, dass man eine EU-Richtlinie vom März 2006 umsetzen müsse. Diesem Argument erteilt der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung jedoch eine Absage: "Die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ist so offensichtlich rechtswidrig, dass Deutschland zu ihrer Umsetzung nicht verpflichtet ist." Die gemeinsame Erklärung argumentiert: "Die Richtlinie verstößt gegen die im Europarecht verankerten Grundrechte und ist in vertragsverletzender Weise zustande gekommen." Seit Juli 2006 ist gegen die betreffende Richtlinie eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof anhängig. Die Verbände fordern, zumindest den Ausgang dieser Klage abzuwarten, bevor eine "derart weitreichende Registrierung des Verhaltens der Menschen in Deutschland" beschlossen werde.

Auch den angeblichen Nutzen einer Vorratsdatenspeicherung stellt eine [externer Link] Analyse des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (PDF) infrage: Danach fehlten den Strafverfolgern Kommunikationsdaten nur selten. Aus einer Studie des Bundeskriminalamts ergebe sich, dass eine Vorratsdatenspeicherung die durchschnittliche Aufklärungsquote "von derzeit 55 % im besten Fall auf 55,006 % erhöhen" könne. Überdies habe eine Vorratsdatenspeicherung in Irland und anderen Staaten keinen ersichtlichen Einfluss auf die Kriminalitätsrate gehabt: "Somit ist nicht erkennbar, dass eine Vorratsdatenspeicherung die Sicherheit der Bevölkerung stärkt." Stattdessen würde die Datenspeicherung "Millionen von Euro kosten, die Privatsphäre Unschuldiger gefährden, vertrauliche Kommunikation beeinträchtigen und den Weg in eine immer weiter reichende Massenansammlung von Informationen über die gesamte Bevölkerung ebnen."