Thema der Woche

12. Dezember 2006

Datenschützer warnen vor Maßlosigkeit

Der stellvertretende Landesbeauftragte für den Datenschutz in Schleswig-Holstein Dr. Johann Bizer hat angesichts des geplanten Telemediengesetzes (TMG) vor einem "Einstieg in die Unkultur von Zensur und Meinungskontrolle" gewarnt. Im Rahmen einer Anhörung im Bundestags-Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat Bizer für das [externer Link] Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) gemahnt, das Gesetz werde in der Praxis viel Verwirrung verursachen. Nur hochspezialisierte Juristen könnten seinen Anwendungsbereich in Abgrenzung zur Telekommunikation nachvollziehen.

Auf massive Kritik stößt beim ULD die geplante Ausweitung der Auskunftspflichten von Teledienstbetreibern gegenüber Sicherheitsbehörden: "Bei der Jagd auf die Nutzerdaten haben die Verfasser des Gesetzentwurfes jedes Maß verloren. Vor allem haben sie das naheliegendste Mittel zur Schaffung von mehr Sicherheit im TMG übersehen – die Präzisierung der Kennzeichnungspflicht der Dienstanbieter", kommentierte Bizer.

"Wenn dem Gesetzgeber wirklich die Unterbindung und Verfolgung rechtswidriger Inhalte im Internet ein Anliegen ist, dann muss er die Verpflichtung zur Anbieterkennzeichnung verschärfen und technisch unterstützen. Die hemmungslose Erfassung der Nutzerinnen und Nutzer produziert nur missbrauchsanfällige Datenfriedhöfe." Als Datenschützer könne man vor den anstehenden Veränderungen nur warnen: So sei beispielsweise die Nutzerkontrolle über das Lesen von Newsletters – in der realen Welt – vergleichbar mit der Überwachung, wer wann in welcher Zeitung welchen Artikel gelesen habe.

Im Übrigen rügt Bizer, dass der Gesetzentwurf auf Regelungen über die Auskunftspraxis zugunsten der Nutzer verzichtet: "Ohne eine Verpflichtung zur Dokumentation der Auskünfte haben die Betroffenen keine Chance nachzuvollziehen, wer die eigenen Vertrags- und Abrechnungsdaten bekommen hat. Zudem verzichtet das Parlament ohne entsprechende Erhebungen über die Auskunftspraxis auf die Kenntnis, wie das Gesetz angewendet wird." In vergleichbaren Fällen verweise die Regierung dann gerne "achselzuckend" auf die fehlende Datenlage. Die gesamte ULD-Stellungnahme ist im Internet abrufbar unter [externer Link] www.datenschutzzentrum.de/allgemein/061211-tmg.htm