Thema der Woche

16. April 2003

Schutz der Telekommunikationsfreiheit angemahnt

"Die Wiederherstellung eines effizienten Schutzes der Telekommunikationsfreiheit gehört ganz oben auf die innenpolitische Tagesordnung", forderte der schleswig-holsteinische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Dr. Helmut Bäumler, anlässlich der Vorstellung des Datenschutzberichts 2003 des [externer Link] Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD). Bäumler kritisierte die zunehmende Überwachung der Telekommunikation, die aus einem nur im äußersten Fall zulässigen Rechtseingriff zum "alltäglichen Standardmittel der Strafverfolgung" geworden sei: "Wir dürfen den kontinuierlichen Abbau von Grundrechten nicht nur resignativ zur Kenntnis nehmen, sondern müssen die Kraft aufbringen, solche Entwicklungen zu stoppen und zum Positiven zurückzuwenden." Der erste Schritt dazu müsse die von der Bundesregierung seit Jahren versprochene Analyse der Gründe für den enormen Anstieg der Telekommunikationsüberwachung sein.

Auch angesichts der Bedrohungen durch Krieg und Terrorismus bleiben die Bewahrung und der Ausbau einer auf Demokratie, Grundrechten und vor allem dem Schutz der Privatsphäre basierenden Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Alternative. Nichts wäre falscher, als angesichts einzelner terroristischer Straftaten in Deutschland die Freiheitsrechte ohne Not aufs Spiel zu setzen. Bäumler weiter: "Unter dem Schock des 11. September und unter dem Eindruck einer ständig – aus welchem Grund auch immer – steigenden Kriminalstatistik sind wir in den vergangenen Jahren schon einige Schritte zu weit gegangen."

So hat sich beispielsweise bei der Kontrolle der Rasterfahndung im Anschluss an den 11. September 2001 dem Bericht des ULD zufolge herausgestellt, dass die Aktivitäten des Bundeskriminalamtes (BKA) von der geltenden Rechtslage nicht gedeckt waren. Die Rasterfahndung wurde für Zwecke der Gefahrenabwehr betrieben, für die nur die Länder zuständig sind. Das BKA hätte in diesem Bereich allenfalls im Auftrag der Länder tätig werden, nicht aber den wesentlichen Teil der Rasterfahndung in eigener Regie durchführen dürfen. Bäumler kommentierte: "Unabhängig davon sollten, sobald die Polizei die Resultate der Rasterfahndung veröffentlicht hat, ihr Aufwand und Nutzen sowohl unter personellen und finanziellen als auch unter grundrechtlichen Gesichtspunkten einer objektiven und ergebnisoffenen Evaluation unterzogen werden."

Als verbesserungsbedürftig erwies sich auch der Datenschutz im medizinischen Sektor: Trotz des bisherigen Erfolges der Aktion [externer Link] Datenschutz in meiner Arztpraxis gäbe es im Umgang mit Patientendaten weiterhin Defizite. In einem besonders krassen Fall fand das ULD nach Hinweisen von Passanten sensitive Patientendaten im offenen Container auf dem Bürgersteig, wohin sie ein Arzt hatte "entsorgen" lassen. Und bei der Kontrolle des Krankenhauses Itzehoe stellten die Prüfer so gravierende Mängel fest, dass diese noch während der laufenden Kontrolle sofort beseitigt werden mussten. Dies betraf insbesondere den unkontrollierten Direktzugriff externer Softwarehäuser und Wartungsfirmen auf sensitive Patientendaten. Bei einer anderen Kontroll beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen gab es zwar keine gravierenden Gesetzesverstöße, das ULD fand aber eine ganze Reihe von Punkten, in denen "die Datensicherheit noch verbessert werden muss".

In vielen anderen Gebieten mache der Datenschutz aber auch deutliche Fortschritte. Bäumler begrüßte die bei vielen Behörden und Unternehmen gewachsene Erkenntnis, dass zu einem guten Produkt- und Dienstleistungsangebot auch ein überzeugendes Datenschutzkonzept gehört. Ein Datenschutz, der nicht im Nachhinein auf bestehende Konzepte aufgepfropft oder mit Druck und Sanktionen durchgesetzt werden müsse, habe zudem erheblich bessere Realisierungschancen.