Wirksam Sparen USV-Betriebskosten genau kalkulieren

Ordnungsmerkmale

erschienen in: <kes> 2007#2, Seite 70

Rubrik: Management und Wissen

Schlagwort: Unterbrechungsfreie Stromversorgung

Zusammenfassung: Bei der Auswahl einer unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) spielen neben dem reinen Anschaffungspreis auch skalierbare Leistung, Stellplatzbedarf und vor allem die laufenden Kosten im Betrieb eine wichtige Rolle. Besonders bei leistungsstärkeren USV-Geräten werden letztere häufig unterschätzt.

Autor: Von Jörg Kreiling, Herborn

Eine Grundvoraussetzung für die Verfügbarkeit von IT-Systemen ist ihre gesicherte Stromversorgung – auch im Hinblick auf die Qualität der Spannung: Langjährige Erfahrungen lassen vermuten, dass bis zu 50 % aller unerklärlichen Computerabstürze eng mit Fehlern in der Stromversorgung zusammenhängen. Neben dem simplen Strom-Ausfall gibt es dabei eine Menge anderer Möglichkeiten, die Schwierigkeiten verursachen können (vgl. Tab. 1). Gegenmaßnahme für einige oder alle dieser Fehlerquellen sind verschiedene Typen unterbrechungsfreier Stromversorgung (USV).

Auch (oder gerade) bei knappen Budgets sollte man die Ausgaben für eine USV mit Weitblick kalkulieren: Neben dem Anschaffungspreis fallen erhebliche laufende Kosten an – einerseits natürlich durch den Energiebedarf im Betrieb, aber auch durch die notwendige Kühlung. Ein Teil dieser Kosten entsteht zwangsläufig auch für Verlustleistung, die bei USV-Systemen im Gleich- und Wechselrichter, für die Erhaltungsladung der Batterien sowie die Steuerung der Anlage anfällt. Der Wirkungsgrad einer USV ist die technische Größe, die beschreibt wie effektiv sie arbeitet – er gibt das prozentuale Verhältnis von zugeführter zu abgegebener Leistung an.

Maßgeblich für den Wirkungsgrad von USV-Anlagen ist in erster Instanz die eingesetzte Technik: So genannte Line-Interactive-Geräte (IEC-Klassifikation "VI") haben meist einen besseren Wirkungsgrad, da die Last direkt mit dem Eingang der USV verbunden ist. Das Kürzel VI steht für "voltage independent", also Unabhängigkeit von der Spannung. Bei Stromausfall wird die Spannung über Koppelspulen von Batterien und Wechselrichter angepasst. Dieses Verfahren senkt im Normalbetrieb die Verluste. Der relativ gute Wirkungsgrad darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass solche USV-Systeme lediglich gegen fünf von zehn möglichen Netzfehlern schützen (s. Tab. 1).

[Klassifikation nach IEC 62040-3: VFD (Off-line UPS) hilft gegen Mains Failure, Power sag, Power surge (<16 ms) - VI (Line interactive UPS) zusätzlich gegen Under- und Overvoltage, VFI (on-line UPS) zusätzlich gegen Switching Transient, Power Surge (<4 ms), Frequency Variation, Voltage Burst und Harmonic Distortion ]
Tabelle 1: USV-Klassifizierung nach absorbierten Netzfehlern

Für unternehmenskritische IT-Installationen sollten daher nur Online-USVs mit der so genannten Doppelwandler-Technik nach IEC 62040-3 zum Einsatz kommen. Sie erfüllen den höchsten Klassifizierungscode VFI-SS-111 (voltage and frequency independent) und schützen verlässlich vor Stromausfall und Spannungsspitzen sowie vor Frequenzschwankungen, Spannungsstößen und Oberschwingungen.

Gerade bei Online-USV-Systemen macht der Wirkungsgrad jedoch einen bedeutenden Unterschied, denn diese Geräte werden durch hochverfügbare Redundanzkonzepte sehr oft nur im Teillastbereich mit 70–75 % Auslastung betrieben – und dabei geht in der Regel die meiste Energie verloren! Generell kann es daher empfehlenswert sein, auf eine modular erweiterbare Lösung zu setzen, die bei entsprechend feiner Staffelung ihrer Module eine kostspielige Überdimensionierung weitgehend vermeidet.

Auch beim maximal erzielbaren Wirkungsgrad von VFI-Systemen gibt es vermeintlich kleine Unterschiede, die aber im Laufe der Zeit erhebliche Differenzen ausmachen: Typische Systeme zeigen einen Wirkungsgrad von weniger als 94 % bis maximal 96 %. Auf den ersten Blick scheinen "nur" 2 Prozentpunkte womöglich vernachlässigbar klein zu sein – umgekehrt betrachtet steigt damit die Verlustleistung von 4 % auf 6 %, also um die Hälfte. Tabelle 2 zeigt, wie durch eine Verschlechterung des Wirkungsgrads um zwei Prozentpunkte die Kosten für die jährliche Verlustleistung deutlich ansteigen. Gerade angesichts gestiegener Stromkosten sollte man nicht übersehen, dass günstigere Betriebskosten eventuell auch einen Mehrpreis bei der Anschaffung aufwiegen können.

[Beispielrechnung: 2%-Punkte Unterschied im Wirkungsgrad können bei einer 35-kW-USV jährliche Mehrkosten von 1376 € bewirken]
Tabelle 2: Einfluss des Wirkungsgrads auf die jährlichen Betriebskosten einer USV-Anlage

Tabelle 2 vergleicht hierzu exemplarisch die jährlichen Betriebskosten zweier VFI-USV-Anlagen mit unterschiedlichem Wirkungsgrad und einer angeschlossenen Leistung von 35 kW; die Verlustleistung bemisst sich dabei nach der Wirkleistung. Da eine USV permanent in Betrieb ist, schlägt die Verlustleistung mit 24 Stunden pro Tag und 365 Tagen pro Jahr zu Buche. Da zudem Verlustleistung bei einer USV auch erhöhte Wärmeabgabe bedeutet, für optimale Betriebsbedingungen der USV-Raum jedoch gekühlt werden muss, fallen weitere Energie-Mehrkosten proportional zur Verlustleistung an. Als Kühlfaktor wurde hier ein typischer Wert von 0,35 angesetzt.

Der angesetzte Preis von 15 Cent für eine Kilowattstunde Strom dürfte angesichts des aktuellen Trends steigender Strompreise die Kosten für die kommenden Jahre noch eher knapp beziffern. Schon bei der relativ geringen Anschlussleistung von 35 kW spart die USV mit dem besseren Wirkungsgrad im Beispiel pro Jahr rund 1.400 €. Da USV-Anlagen in aller Regel eine längere Nutzungsdauer aufweisen – über 5 oder 10 Jahre – als die damit gespeiste Computer-Hardware, ergeben sich Summen, die nicht mehr marginal zu nennen sind. Bei der Auswahl einer USV-Lösung sollte der Wirkungsgrad daher einen angemessenen Stellenwert einnehmen, neben den reinen Anschaffungskosten auch die voraussichtlichen Mehr- oder Minderkosten für den Betriebszeitraum der Anlage Berücksichtigung finden.

Dipl.-Ing. (FH) Jörg Kreiling ist Produktmanager IT-Solutions bei Rittal, Herborn.