Richtig gut statt irgendwie Lizenzmanagement spart Kosten und vermeidet Risiken

Ordnungsmerkmale

erschienen in: <kes> 2006#3, Seite 32

Rubrik: Management und Wissen

Schlagwort: Lizenzmanagement

Zusammenfassung: Der korrekte Einsatz von Software-Lizenzen ist in deutschen Unternehmen laut aktuellen Studien die Ausnahme. Die Folgen: entweder unnötig gebundenes Kapital und überflüssige Kosten oder sogar strafrechtliche Risiken. Konsequenzen, vor denen ein systematisches Lizenzmanagement Schutz bieten kann.

Autor: Von Reiner Hirschberg, München

Microsoft geht davon aus, dass bei 95 % des deutschen Mittelstands die Anzahl der genutzten Lizenzen nicht mit den tatsächlich erworbenen Nutzungsrechten übereinstimmt. Und auch wenn niemand die genauen Zahlen kennt, so ist man sich doch in einem Punkt einig: Die Anzahl der Firmen, in denen Lizenzkonformität herrscht, ist gering.

Eine Tatsache, die besonders vor dem Hintergrund der schwerwiegenden Konsequenzen verwundert, die sich aus einer Fehllizenzierung ergeben: Hat man "zu viel", so führt dies zu vergeudetem Kapital, das in nicht benötigte Lizenzen und ihre Wartungskosten investiert wird. Obwohl ansonsten straff kalkuliert wird, schleppt ein Großteil der deutschen Firmen solche unnötigen Kosten mit sich herum: 80 % aller Unternehmen sind laut einer Gartner-Studie überlizenziert.

Noch weit gravierendere Folgen kann der umgekehrte Fall nach sich ziehen: Verwendet ein Unternehmen mehr Lizenzen als tatsächlich erworben wurden, so gilt dies als Vervielfältigung eines geschützten Werkes ohne Einwilligung des Rechteinhabers. Bei einem solchen Verstoß gegen das Urheberrecht drohen zivil- und strafrechtliche Konsequenzen.

Zentral beschaffen

Um diese Risiken zu vermeiden, ist ein umfassendes wie konsequentes Lizenzmanagement erforderlich. Hierfür müssen zunächst die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden, die eine unstrukturierte oder nur am kurzfristigen Bedarf orientierte Auswahl und Beschaffung zuverlässig unterbinden.

Als Basis dienen hierfür zum einen genaue Richtlinien, die unternehmensweit den Einkauf und die Nutzung von Software verbindlich festschreiben, zum anderen klar verteilte Kompetenzen. Nur eine zentral organisierte Beschaffung ermöglicht es, jeden Einkauf in die IT-Gesamtstrategie einzubinden und überflüssige Neuanschaffungen zu vermeiden.

Gerade in großen Unternehmen wird diese Regel oft missachtet. Hier ordern vielfach einzelne Niederlassungen oder gar Abteilungen in Eigenregie vermeintlich benötigte Software. Alternativen wie die strategische Umverteilung von Lizenzen, die an anderer Stelle nicht mehr benötigt werden (oder nie benötigt wurden), bleiben ungenutzt. Oft wird auch die Chance auf kostengünstige Update-Lizenzen oder Mengenstaffeln vertan.

Inventarisieren

Als Grundlage für ein zentrales Lizenzmanagement muss sämtliche im Unternehmen vorhandene Software inventarisiert sein. Eine Aufgabe, die sich in der Praxis vor allem bei großen Unternehmen oft als extrem schwierig erweist – schon gar im Nachhinein. Um Aufschluss über den Softwarebestand zu geben, wird üblicherweise ein Scan-Tool eingesetzt, das jeden Rechner auf installierte Anwendungen hin untersucht. Programme, die nur zwischen zwei Scans installiert waren, fallen hierbei allerdings durchs Raster.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, zusätzlich eine Prozessüberwachung einzusetzen: Diese registriert alle Anwendungen, die auf den Rechnern gestartet werden, und liefert so der zuständigen Abteilung nicht nur einen Überblick über den aktuell genutzten Softwarebestand, sondern auch eine Aussage über die Nutzungs-Häufigkeit der Anwendungen. Auf Basis solcher Informationen lässt sich die Frage, wie viele Lizenzen tatsächlich benötigt werden, am sichersten beantworten.

Auf einen Scan sollte man jedoch nicht gänzlich verzichten, um auch diejenigen Programme aufzuspüren, die nicht gestartet werden – und sich dementsprechend mit hoher Wahrscheinlichkeit als überflüssig erweisen.

Auf der anderen Seite müssen auch sämtliche Nutzungsrechte erfasst werden, die das Unternehmen jemals erworben hat. Dabei reicht eine einfache Auflistung bei weitem nicht aus: Jede Lizenz muss vielmehr mit all ihren Besonderheiten zur jeweiligen Version und den speziellen Nutzungsbedingungen auf Basis der geschlossenen Verträge erfasst werden (z. B. erlaubte Nutzung auf mobilem oder Heimarbeitsplatz, konkurrierende Nutzung, Lizenzierung pro User/CPU usw.).

Regelmäßig abgleichen

Auf Grundlage dieser Daten ist ein ständiger, präziser Abgleich zwischen der tatsächlich genutzten Software und den erworbenen Lizenzen möglich – entscheidend ist die permanente Aktualisierung des Inventars. Nur wenn die Datenbasis vollständig und auf dem neusten Stand ist, kann zweifelsfrei entschieden werden, ob der Einkauf einer neuen Lizenz tatsächlich notwendig ist oder sogar überflüssige Lizenzen vorhanden sind.

Sodann gilt es, entsprechend der gewonnenen Erkenntnisse zu reagieren. Wie soll beispielsweise im Fall einer Überlizenzierung mit den nicht benötigten Lizenzen verfahren werden? Natürlich stellt ein Überschuss zweifellos den angenehmeren Fall einer Fehllizenzierung dar. Aber auch ungenutzte Lizenzen – vor allem unentdeckte – schaden dem Unternehmen: Auf der einen Seite wird Kapital gebunden, das in der Regel an anderer Stelle gebraucht würde. Zusätzlich fallen auch für ungenutzte Lizenzen oft unnötige Wartungskosten an, die Jahr für Jahr mit 15–25 % des Einkaufspreises zu Buche schlagen können. Langfristig summiert sich das zu immensen Kosten.

Hinsichtlich der Wartungsverträge zeigen sich verschiedene Einsparmöglichkeiten: Die Wartung wird in der Regel automatisch von Jahr zu Jahr fortgeführt; Kosten hierfür sind oft bereits fest im Budget eingeplant, und zwar unabhängig davon, ob zugehörige Software überhaupt noch im Einsatz ist. Wartungsverträge bieten dem Kunden im Allgemeinen Anspruch auf Unterstützung bei Problemen (Support) sowie die Berechtigung zum Einsatz neuer Softwareversionen (Update). Bei Systemen, die seit langer Zeit im Unternehmen eingesetzt werden, ist der Betrieb jedoch meist so stabil und problemlos, dass überhaupt kein Support mehr erforderlich ist und ebenso kein Bedarf besteht, die eingesetzte Version zu aktualisieren. Eine kritische Prüfung, ob der Weiterbestand solcher Wartungsverträge tatsächlich notwendig ist, zahlt sich hier schnell aus.

Gebrauchtmarkt nutzen

Für Programme, die sich im Zuge einer Überprüfung als überflüssig erwiesen haben, löst die Kündigung des Wartungsvertrags noch nicht das Problem unnötig gebundenen Kapitals. Für diese Situation bietet sich der Markt für Gebraucht-Software an, der mittlerweile in Deutschland als feste Größe etabliert ist. Software-Lizenzen stellen einen erheblichen Vermögenswert dar. Ein Unternehmer, der überschüssige Lizenzen zum Kauf anbietet, stoppt dadurch nicht nur unnötige Kosten durch die Wartungsverträge, sondern kann seinem Haus auch einen Teil des ehemals investierten Kapitals zurückführen. Dabei entgeht vielen Geschäftsleitungen, in welchem Ausmaß sich totes Kapital in ungenutzten Lizenzen versteckt hält.

Die Ursachen für die Existenz überflüssiger Nutzungsrechte sind vielfältig: So verlangen Software-Hersteller bisweilen eine Mindestabnahme ihrer Produkte, die die Anzahl der benötigten Lizenzen zum Teil weit übersteigt. Oder ein Unternehmen kauft in optimistischer Erwartung mehr Lizenzen ein als tatsächlich benötigt, um einen höheren Rabatt zu erzielen. Oder es wurde für ein anstehendes Projekt eine Software eingekauft, die sich im weiteren Verlauf als ungeeignet erweist oder durch eine alternative Lösung ersetzt wurde (ggf. sogar aus dem Open-Source-Umfeld). Die Erfahrung zeigt, dass nahezu jedes Unternehmen, über weit mehr ungenutzte Lizenzen verfügt als ursprünglich angekommen.

Rechtsrisiken vermeiden

Führt der Lizenzabgleich jedoch zu dem Ergebnis, dass weniger Lizenzen vorhanden sind als tatsächlich genutzt werden, so ist eine schnelle Reaktion vonnöten: Unabhängig von seinem eigenen Verschulden haften der zuständige Geschäftsführer oder die verantwortlichen IT-Leiter persönlich, da sich eine Unterlizenzierung nicht "mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns" vereinbaren lässt (s. a. <kes> 2006#1, S. 92). Bereits fahrlässiges Verhalten begründet die Haftung: Eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren kann die Folge sein – zwar sind solch drastische Maßnahmen die Ausnahme, in jedem Fall aber droht ein Strafverfahren.

Um sich vor rechtlichen Konsequenzen zu schützen, ist ein schneller Nachkauf der benötigten Lizenzen unerlässlich. Auch hier bietet der Gebrauchtmarkt eine interessante Alternative: Zum einen locken Preisnachlässe von 25–50 %, die sich im Vergleich zum Neupreis erzielen lassen. Zum anderen ist gerade beim Lizenznachkauf nicht immer die aktuelle Version einer Software gefragt – ältere Versionen oder Programme sind aber auf dem "normalen" Markt oft gar nicht mehr im Angebot.

Ein weiteres Problem, das sich beim Nachkauf ergeben kann: Software-Hersteller reagieren bei Nachlizenzierungen in größerem Umfang nicht selten misstrauisch und verlangen bisweilen sogar eine Strafgebühr, die empfindlich zu Buche schlagen kann. Beim Einkauf "gebrauchter" Lizenzen hingegen ergeben sich diese Probleme nicht, da der jeweilige Hersteller überhaupt nicht von der Nachlizenzierung erfährt.

Fazit

Auch über die rechtzeitige Wahrnehmung potenzieller Lizenzierungs-Lücken oder -Überschüssen hinaus, birgt ein konsequent geführtes Lizenzmanagement diverse Vorteile: Das genaue Wissen um den eigenen Software-Bestand ermöglicht eine optimale Plan- und Budgetierbarkeit der Lizenzkosten. Eine bedarfsgerechte Verteilung ist möglich und unnötige Einkäufe können von vornherein vermieden werden. Das Unternehmen kann seiner Auskunftspflicht gegenüber Herstellern jederzeit bedenkenlos nachkommen und auch die korrekte Bilanzierung am Ende des Geschäftsjahres ist gesichert.

Wie sich das Lizenzmanagement letztlich konkret ausgestaltet und welche Software-Tools sich hierfür als besonders geeignet erweisen, hängt von vielen individuellen Faktoren im Unternehmen ab. Der Nutzen aber ist – ebenso wie die Konsequenzen eines fehlenden Managements – für alle gleich: Rund 15 % des Software-Budgets – so eine aktuelle Gartner-Studie – lassen sich alleine mithilfe der fortlaufenden Erfassung und Verwaltung von Lizenzen einsparen. Darüber hinaus bergen die Veräußerung ungenutzter Lizenzen und der Einkauf "gebrauchter" Lizenzen ein weiteres erhebliches Einsparpotential.

Dr. Reiner Hirschberg ist Mitgründer der Münchner usedSoft GmbH ([externer Link] www.usedsoft.com), wo er für Lizenzmanagement und Technik verantwortlich zeichnet.