Das Urheberrecht von Morgen Erfolgreicher Boppard-Diskurs des BSI

Ordnungsmerkmale

erschienen in: <kes> 2004#4, Seite 43

Rubrik: BSI Forum

Autor: Von Otto Ulrich, BSI

Zusammenfassung: Am 24./25. Juni 2004 fand der elfte Boppard-Diskurs des BSI zu querschnittlichen Fragen der IT-Sicherheit statt. Thema war in diesem Jahr der Einsatz von Urheberrechts-Schutzsoftware.

"Versuche, den Schutz von Inhalten ausschließlich in Software zu realisieren, sind nahezu hoffnungslos." Es war Professor Dr. Andreas Pfitzmann, der auf dem 11. Boppard-Diskurs des BSI die IT-sicherheitsspezifischen Anforderungen an den Einsatz sicherer Digital-Rights-Management-Systeme (DRM) formulierte. Das Thema dieser neuen Auflage eines interdisziplinären Gespräches über fortgeschrittene Fragen der IT-Sicherheit – die das BSI nunmehr seit 13 Jahren immer in der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung in Boppard am Rhein durchführt – stand ganz im Zeichen der Frage, wie der notwendige Schutz digitalisierten geistigen Eigentums gewährleistet werden kann, um etwa auch Anforderungen der informationellen Selbstbestimmung wie der Langzeitverfügbarkeit digitalisierten Wissens zu genügen.

"Ist eine sichere DRM-freie Medienzukunft möglich?, so der Untertitel der für die deutsche IT-Sicherheitslandschaft so untypischen Veranstaltung – und alle kamen, um am "runden Tisch" in Boppard ihre Argumente prüfen zu lassen. Es muss wohl rundum gelungen sein, ein Dialog fand statt; dabei waren die Ausgangsbedingungen dieses Mal so kontrovers wie selten.

[Foto: Diskussionsrunde in Boppard]
Im interdisziplinären Boppard-Diskurs des BSI behandeln hochkarätige Fachleute am "runden Tisch" querschnittliche Fragen der IT-Sicherheit. Zum Abschluss der diesjährigen Veranstaltung kommentierte BSI-Präsident Dr. Udo Helmbrecht (im Bild ganz links): "Was technisch machbar ist, wird auch gemacht werden. Die Erfahrung zeigt aber, dass stets der Kontext beachtet werden muss – deshalb diese Veranstaltungen des BSI in Boppard."

Allen war klar: Wenn es nicht zu einem "Ende der Kreativität" kommen soll, also der Zugang zu Wissen, zu geistigem Eigentum nicht hinter fremdbeherrschten, "systematisch unsicheren" (Pfitzmann) Barrieren mit Namen "Digital Rights Management" versteckt werden soll, muss über neue Formen des Schutzes der Rechte des Kreativen, des Künstlers nachgedacht werden. Im Kern hat es – aus rechtlicher Sicht – darum zu gehen, wie dies Dr. Alexander Peukert vom Max-Plack-Institut für Geistiges Eigentum aus München ausführte, zu einem flexiblen Urheberrecht zu kommen, geeignet, die digitalen Rechte beim Urheber selbst zu lassen, was bei weiter bestehender Anpassung des rechtlichen Rahmens auf die Entwicklung der DRM-Technologie, ein Maximum an Innovationsförderung zu bringen verspricht.

Robert Gehring von der TU Berlin machte am Beispiel des von ihm und Bernd Lutterbeck herausgegebenen OpenSource-Jahrbuches 2004 deutlich, wie eine DRM-freie Medienzukunft aussehen kann, sowohl was Kosteneinsparung als auch was den Zugewinn an Eigeninitiative durch die geistigen Urheber, die Autoren, anbelangt: Regulierung von unten, Nutzung neuartiger, elektronischer Lizenzformen, kostenloser Download und dennoch (!) kostendeckender konventioneller Verkauf dieses Buches.

Thorsten Braun, der Vertreter der Phono-Industrie, machte sehr pragmatisch auf eine Reihe bereits im Einsatz befindlicher und vollakzeptierter DRM-Systeme aufmerksam, um dabei auch, wie Susanne Schopf von BITKOM, offen zu sein für notwendige verbraucher- oder nutzerorientierte Ansätze, den Einsatz von DRM-Systemen nicht allein dem Markt zu überlassen, sondern aktiv, auch didaktisch begründet, die generelle Akzeptanz dieser Technologie zu steigern – was auf noch zu begehende neue Entwicklungsaufgaben aufmerksam machte.

Passend dazu wurden dann die Ausführungen von Jan Möller vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz aus Kiel aufgenommen. Er hatte die Aufgabe, die im modernen Datenschutz in der Entwicklungen befindlichen Werkzeuge wie P3P und EPAL – Kürzel für "mitlaufenden Datenschutz" – in die Suchbewegung zur Weiterentwicklung von DRM-Systeme einzubringen. Hier, in diesen technologischen Feldern wird sich, so kann vermutet werden, die Zukunft nutzerfreundlicher DRM-Systeme abspielen.

Grundsätzlich aber, darauf machte zum Schluss der Bundestagsabgeordnete Dr. Günther Krings aufmerksam, wird sich die Zukunft des geistigen Eigentums auf dem Schulhof entscheiden. Jeder junge Mensch sollte Künstler werden, erst dann kann richtig ermessen werden, was das überhaupt heisst, "geistiges Eigentum hervorgebracht zu haben" – und erst dann, so ist zu vermuten, wird auch die Zukunft des digitalisierten geistigen Eigentums das dazu notwendige elementare Schutzbedürfnis hervorbringen – was selbstverständlich nicht ausschließt, die sichere und datenschutzfreundliche Demokratisierung des Wissens, unabhängig von technischen Schutzerfordernissen, überhaupt zum Zukunftsthema zu machen, was aber wiederum nur aus interdisziplinärer Perspektive gelingen wird.

Nicht zuletzt in dieser Perspektive wird die Fortführung des "Boppard-Impulses" zu suchen sein, um die notwendige neue Blüte des Wissens vor den allgegenwärtigen Trends zur Zentralisierung von Kontrolle zu schützen.