[ Porträtfoto: Norbert Luckhardt ]Nur nicht auflaufen...

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erschienen in: <kes> 2003#3, Seite 3

Rubrik: Editorial

Modernes (E-)Business hat wenig mit Kreuzfahrtromatik gemein, gemütliches Schippern von Hafen zu Hafen ist Geschichte. Heute heißt es, in Bewegung bleiben, große Fahrt machen und schnell manövrieren. Dazu muss einer sowohl sein Fahrwasser kennen als auch Schiff und Mannschaft im Griff haben – ein weitsichtiger Kapitän, der mit Ruhe führt und auf seine Offiziere hört, hilft dabei ebenfalls immens.

Bisweilen erinnert das Ganze gar an ein Rennen mit Wasserski: Es hängt immer noch was hintendran. Und wenn die Zugmaschine zu langsam wird oder gar ausfällt, geht woanders in der Kette einer baden. Damit man sich keine nassen Füße holt, muss der Motor also laufen, und zwar mindestens mit halber Kraft. Aber sich auf die Ausfallsicherheit dieses Teils zu konzentrieren, reicht mitnichten: Was hilfts, wenn die Maschine läuft und läuft und läuft, aber das Schiff längst abgesoffen ist?

Ach, eigentlich ist ohnehin alles viel komplizierter als es so eine verwässerte Metapher ausdrücken könnte. Aktuelle Geschäftsprozesse haben so viele Abhängigkeiten und Verstrickungen, dass der Überblick allzu oft schwer fällt. Aber darauf kommt es an: Denn eben dieser Gesamtprozess muss für Krisenfälle abgesichert werden. Damit auch dann, wenn alles drunter und drüber zu gehen droht, noch der Überblick gewahrt bleibt, können Notfall-Tools helfen – einige kurze Erfahrungen damit schildern <kes>-Leser ab Seite 22. Aufgrund des großen Interesses, das sich im Zuge dieser stichprobenhaften Umfrage gezeigt hat, werden wir dieses Thema in einer späteren Ausgabe noch einmal vertiefen.

Und überhaupt gelten Schiffe nur so lange als unsinkbar, Geschäftsprozesse nur so lange als "absolut ausfallsicher", bis der nächste Super-GAU geschieht. Nicht nur Informationstechnik und Telekommunikation müssen arbeiten, sondern auch die Menschen brauchen Arbeitsplätze; Telefonleitungen, Netzwerkkapazität, Energieversorgung und so weiter müssen nicht nur unter normalen Umständen, sondern auch im Katastrophenfall noch verfügbar sein. Der 11. September 2001 hat hier für schmerzhafte Lehren gesorgt, aber auch eine deutliche Bewusstseinssteigerung im Management bewirkt (vgl. S. 12).

Bleibt zu wünschen, dass nach sorgfältiger Planung der Business Continuity alles im Fluss bleibt und nichts den Bach runter geht.

Norbert Luckhardt