[ Aufmacherfoto ] Normgerecht abgeleitet Risikoorientierter Blitz- und Überspannungsschutz für Hochverfügbarkeitsansprüche

Ordnungsmerkmale

erschienen in: <kes> 2003#1, Seite 16

Rubrik: Systeme und ihr Umfeld

Schlagwort: Blitz- und Überspannungsschutz

Zusammenfassung: Neue DIN-VDE-Normen helfen bei der technisch und wirtschaftlich sinnvollen Risikoanalyse und Planung von Blitzschutzkonzepten für anspruchsvolle Informations- und Telekommunikationstechnik.

Autor: Von Manfred Kienlein, Neumarkt

Noch immer sind Überspannungen aus Blitzentladungen und Schalthandlungen eine Hauptursache für Ausfälle an elektronischen Systemen. Informationstechnische Systeme verstehen in dieser Hinsicht keinen Spaß und müssen vor allem gegen den größten elektromagnetischen Störer geschützt werden: den Blitz.

Häufig mangelt es jedoch an hinreichenden Gegenmaßnahmen. Die Gründe hierfür reichen von gänzlich fehlenden oder konzeptlosen Schutzmaßnahmen bis hin zur irrigen Meinung, dass eine Gebäude-Blitzschutz-Anlage nach DIN VDE 0185 Teil 1 (alte, zurückgezogene Norm) auch den Endgeräteschutz von informationstechnischen Einrichtungen sicherstellen kann. Das Schadensrisiko wird offenbar bei der Planung von Gebäuden oft nicht erkannt oder nicht realistisch eingeschätzt. Gerade heute, wo viele Unternehmen hohe Anforderungen an ihre Erreichbarkeit und die Verfügbarkeit gespeicherter Daten haben, sind Ausfälle der Energieversorgung oder Informationstechnik aber kaum zu tolerieren.

Ein wichtiger Aspekt ist dabei der Schutz vor direkten Blitzeinschlägen und vor eingekoppelten transienten Überspannungen. Seit November 2002 stehen Planern und Eigentümern hochverfügbarer Datennetze aufeinander abgestimmte Regelwerke aus der Reihe DIN V VDE V 0185 als verlässliche Planungsgrundlage für zukunftsorientierte Blitzschutzsysteme zur Verfügung, die den neuesten Stand der Technik wiedergeben. Auf dieser Grundlage lassen sich auch weitergehende Schutzmaßnahmen für ausgedehnte Einrichtungen der elektrischen Energie- und Informationstechnik leicht und kostengünstig durchführen.

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Begriffe

Die nachfolgend erläuterten Begriffe gelten für das gesamte Blitzschutz-Normenwerk.

Direkter Blitzeinschlag:
ein Blitz, der das zu schützende Objekt oder seine Blitzschutzsysteme direkt trifft
Indirekter Blitzeinschlag:
ein Blitz, der neben dem zu schützenden Objekt oder neben damit verbundenen Leitungen oder baulichen Anlagen oder direkt in diese einschlägt
Elektromagnetischer Impuls des Blitzes (engl.: Lightning Electromagnetic Impulse, LEMP):
umfasst alle transienten Erscheinungen von Blitzeinschlägen wie Blitzströme, elektrisches und magnetisches Feld des Blitzes, ebenso wie induzierte Spannungen und Ströme
Schadensrisiko R:
die durch Blitzeinschlag verursachten wahrscheinlichen jährlichen Schäden an Personen und Gütern
Akzeptierbares Schadensrisiko Ra:
der Maximalwert des Schadensrisikos, der für ein zu schützendes Objekt toleriert werden kann
Gefährdungspegel (engl.: protection level):
definiert den Blitz als Störquelle. Für jeden Gefährdungspegel (I–IV) ist ein Satz von Maximum-Werten (Dimensionierungs-Kriterien) und Minimum-Werten (Einfang-Kriterien) des Blitzstroms fixiert, zusammen mit dem zugehörigen Blitzkugelradius.
Blitzschutzsystem (engl.: lightning protection system, LPS):
System für den Schutz einer baulichen Anlage und ihres Inhalts gegen die Auswirkungen direkter Blitzeinschläge. Es besteht sowohl aus dem äußeren als auch aus dem inneren Blitzschutz.
Schutzklasse eines Blitzschutzsystems (engl.: LPS type):
Satz von Konstruktionsregeln für ein Blitzschutzsystem (z. B. Abstände, Maschenweiten, Schutzwinkel, Leiterquerschnitte), ausgelegt nach dem zugehörigen Gefährdungspegel. Die Schutzklasse wird durch Abschätzung des Schadensrisikos ermittelt, soweit sie nicht durch Vorschriften festgelegt ist. Ihre Wirksamkeit nimmt von Schutzklasse I zu Schutzklasse IV ab.
Äußerer Blitzschutz:
System, bestehend aus Fangeinrichtung, Ableitungen und Erdungsanlage.
Innerer Blitzschutz:
zusätzliche Maßnahmen zur Verminderung der Auswirkungen des Blitzstroms innerhalb des zu schützenden Raumes.
Blitzschutz-Potenzialausgleich:
Teil des inneren Blitzschutzes, der die durch den Blitzstrom verursachten Potenzialunterschiede reduziert.
Blitz-Schutzzone (engl.: lightning protection zone, LPZ):
Schutzbereich, der nach der Art der Blitzgefährdung klassifiziert wird.
äußere Zonen:
LPZ 0:
Zone, die durch das ungedämpfte elektrische und magnetische Feld des Blitzes und durch Impulsströme bis zum vollen oder anteiligen Blitzstrom gefährdet ist
LPZ 0A:
Zone, die gefährdet ist durch direkte Blitzeinschläge, durch Impulsströme bis zum vollen Blitzstrom und durch das volle Feld des Blitzes
LPZ 0B:
geschützt gegen direkten Blitzeinschlag, gefährdet durch Impulsströme bis zu anteiligen Blitzströmen und durch das volle Feld des Blitzes
LPZ 0C:
mit Gefahr von Berührungs- und Schrittspannungen für Lebewesen. Sie ist definiert auf Erdniveau innerhalb einer Höhe von 3 m und einem Abstand von 3 m außerhalb einer baulichen Anlage.
innere Zonen (geschützt gegen direkte Blitzeinschläge):
LPZ 1:
Hier können Impulsströme auftreten, begrenzt durch Stromaufteilung und durch SPDs an den Zonengrenzen. Das Feld des Blitzes kann durch räumliche Schirmung gedämpft sein.
LPZ 2...n:
Impulsströme werden weiter begrenzt durch Stromaufteilung und durch SPDs an den Zonengrenzen. Das Feld des Blitzes ist in der Regel durch räumliche Schirmung gedämpft.
Überspannungs-Schutzgerät (engl.: surge protective device, SPD):
Gerät, das dazu bestimmt ist, transiente Überspannungen zu begrenzen und Stoßströme abzuleiten. Es enthält mindestens ein nichtlineares Bauteil.
Spannungsfestigkeit:
Maximale Spannung, die eine elektrische Einrichtung ohne Beschädigung übersteht
Störfestigkeit (engl.: resistibility):
Fähigkeit einer elektrischen Einrichtung, leitungsgebundene und gestrahlte Störeinwirkungen des Blitzes ohne Beschädigung zu überstehen
Fangeinrichtung:
Teil des äußeren Blitzschutzes, der zum Auffangen der Blitze bestimmt ist
Ableitungseinrichtung:
Teil des äußeren Blitzschutzes, der dazu bestimmt ist, den Blitzstrom von der Fangeinrichtung zur Erdungsanlage abzuleiten
Erdungsanlage:
Teil des Äußeren Blitzschutzes, der den Blitzstrom in die Erde einleitet und dort verteilt
Erder:
Teil der Erdungsanlage, der den direkten Kontakt zur Erde herstellt und den Blitzstrom in die Erde verteilt
Impulsstrom (engl.: surge):
Impulsstrom, der durch den vollen oder anteiligen Blitzstrom entsteht oder vom Blitz induziert wird. Zur Prüfung oder Berechnung der Störfestigkeit oder der Koordination von SPDs werden folgende Impulsströme verwendet:
I10/350:
Prüfstrom mit der Wellenform 10/350 µs, der den ersten Stoßstrom des Blitzes simulieren soll. Dieser Prüfstrom wird vor allem für die Prüfung der Koordination von SPDs verwendet.
I8/20:
Prüfstrom mit der Wellenform 8/20 µs, der den Strom durch ein SPD nach Klasse II simulieren soll.

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Die neuen VDE-Blitzschutz-Vornormen bestehen prinzipiell aus vier Teilen (vgl. Liste). Sie sind anwendbar für das Planen, Errichten, Überprüfen und Warten von Blitzschutzsystemen für bauliche Anlagen, deren Installationen, Inhalt und die darin befindlichen Personen. Zwei allgemeingültige Normenteile (Teil 1 und 2) sind zwei weiteren zur praktischen Ausführung (Teil 3 und 4) vorangestellt.

DIN V VDE V 0185: Blitzschutz

Teil 1
Allgemeine Grundsätze
Informationen über Gefährdung
Blitzkenndaten und Parameter zur Simulation von Blitzeinwirkung
Begriffsdefinitionen zum Blitzschutz
Teil 2
Risiko-Management
Abschätzung des Schadensrisikos für bauliche Anlagen
Teil 3
Schutz von baulichen Anlagen und Personen
Schutzmaßnahmen
Schutz für besondere bauliche Anlagen
Prüfung und Wartung von Blitzschutzsystemen
Entwurf, Errichtung, Instandhaltung und Überprüfung von Blitzschutz-systemen
Teil 4
Schutz von elektrischen und elektronischen Systemen in baulichen Anlagen
Blitzschutzzonen (LPZ)
Potenzialausgleich an LPZ
Einsatz von Überspannungsschutzgeräten (SPD)

Themen der neuen Blitzschutz-Vornormen der Reihe DIN V VDE V 0185

Die allgemeinen Normenteile der DIN V VDE V 0185 helfen dabei, die Gefährdung durch Blitze und die Notwendigkeit eines Blitzschutzsystems für ein Objekt zu ermitteln. Entsprechend erfolgt die Auswahl von technisch und wirtschaftlich optimalen Schutzmaßnahmen, die mithilfe der Normenteile 3 und 4 realisiert werden.

Für den Schutz von Versorgungsleitungen (z. B. Stromversorgungs- und Rohrleitungen) ist derzeit noch keine Vornorm verfügbar. Schutzmaßnahmen zur Verringerung von Schäden und Ausfällen von Telekommunikationsleitungen werden in den Normen VDE 0845 Teil 4-1 (Lichtwellenleiteranlagen) und Teil 4-2 behandelt (Telekommunikationsleitungen mit metallischen Leitern).

Schutzzonen gegen den Blitzimpuls

Bauliche Anlagen mit empfindlichen elektronischen Systemen müssen unter anderem gegen die Wirkung des elektromagnetischen Blitzimpulses (Lightning Electromagnetic Pulse, LEMP) geschützt werden. Der so genannte LEMP-Schutz ist ebenfalls Gegenstand von Teil 4 der neuen Blitzschutzvornorm. Seine Notwendigkeit sollte möglichst früh in der Planungsphase eines neuen Gebäudes oder vor der Installation eines neuen elektronischen Systems bei einer bereits bestehenden baulichen Anlage (z. B. im Zuge einer veränderten Nutzung) geklärt werden.

Im Allgemeinen liegt es im Verantwortungsbereich des Architekten und der Fachplaner für Gebäudetechnik, die Planung bezüglich des LEMP-Schutzes zu koordinieren. Oftmals ist es aber sinnvoll und notwendig zusätzlich eine Blitzschutz-Fachkraft hinzuzuziehen. Zusätzliche Hilfe in der Planungsphase bietet das LEMP-Schutz-Management, das der Anhang D (Tabelle D.1) der DIN V VDE V 0185-4 ausführlich beschreibt.

Nach der Analyse des Schadensrisikos gemäß Teil 2 der Blitzschutzvornorm erfolgt die entsprechende Planung von Maßnahmen zur Erreichung der Schutzziele:

[ Aufteilung der einzelnen Blitzschutzzonen in einem Gebäude ]
Bild 1: EMV-orientiertes Blitzschutzzonen-Konzept

Für die Einteilung des Gebäudes in Blitzschutzzonen bildet der äußere Gebäudeblitzschutz die Grundlage (DIN V VDE V 0185-3). Das Schutzprinzip besteht in der Reduzierung feld- und leitungsgeführter Störungen, die durch Blitzentladungen oder Schalthandlungen hervorgerufen werden. Es gilt, die Störgrößen (LEMP-Bedrohungswerte) so zu verringern, dass die elektromagnetische Verträglichkeit der informationstechnischen Anlagen und Systeme sichergestellt ist. Abhängig von der Zahl, Art und Empfindlichkeit der elektronischen Systeme können geeignete Zonen entsprechend der LEMP-Festigkeit der elektronischen Systeme definiert werden. Die Einteilung der Zonen erstreckt sich von kleinen lokalen Bereichen (z. B. dem Gehäuse eines elektronischen Geräts) bis hin zu großen integralen Gebieten (z. B. das gesamte Gebäudevolumen).

Mithilfe des in Teil 3 der Vornorm beschriebenen Blitzkugelverfahrens werden die äußeren Blitzschutzzonen LPZ 0A, LPZ 0B und LPZ 0C ermittelt: In der Blitzschutzzone LPZ 0 außerhalb des zu schützenden Gebäudes ist die elektromagnetische Blitz-Störquelle uneingeschränkt wirksam. LPZ 0A kennzeichnet diejenigen Bereiche, in denen direkte Blitzeinschläge möglich sind und das ungedämpfte elektromagnetische Blitzfeld herrscht. In der LPZ 0B sind direkte Blitzeinschläge ausgeschlossen, aber es wirkt immer noch das ungedämpfte Feld. Blitzfangeinrichtungen an einem Gebäude bewirken beispielsweise, dass sich die Dachaufbauten in LPZ 0B befinden. Die LPZ 0C definiert hingegen Bereiche, in denen eine Gefährdung für Lebewesen aufgrund von Berührungs- und Schrittspannung bestehen kann.

Ausgehend von schutztechnischen und wirtschaftlichen Erwägungen werden anschließend die inneren Blitzschutzzonen für informationstechnische Systeme festgelegt. Die Grenzen dieser Zonen bilden dabei Gebäude-, Raum- oder Geräteschirme. Vor allem bei bereits existierenden Bauten sind Gebäudeschirme kaum realisiert. Sollen dann nachträglich komplexe informationstechnische Anlagen installiert werden, so muss besonders auf die Ausbildung von Raumschirmen mit hohen Dämpfungswerten geachtet werden (vgl. Bild 2).

[ Illustration - Quelle: Lampertz ]
Bild 2: Auch IT-Sicherheitsräume bieten Schutz vor elektromagnetischen Störfeldern.

Praxisbeispiel Callcenter

Callcenter übernehmen heutzutage häufig als externe Dienstleistungsunternehmen den technischen Support für Unternehmen, um deren Kunden einen Rund-um-die-Uhr-Service zu bieten. Um die vertraglich festgelegten Ausfallzeiten garantieren zu können, soll in unserem Beispiel das Gebäude des Callcenters einen Schutz gegen die Wirkung von Blitzströmen und magnetischen Blitzfeldern von direkten und indirekten Blitzeinschlägen erhalten.

Dem Schutz des Callcenters soll der Gefährdungspegel II laut Teil 1 der Vornorm zugrunde liegen: Die bauliche Anlage muss gegen Schäden durch Feuer, Explosion, mechanische und chemische Wirkungen sowie die elektrischen und elektronischen Systeme (Daten- und Telekommunikationsnetz) gegen Überspannungen geschützt werden, um die hohen Verfügbarkeitsansprüche umzusetzen. Hierzu unterteilt man das Gebäude in Blitzschutzzonen (LPZ, s. u.) und führt für jede LPZ und die relevanten Schadensarten eine Risikoanalyse durch. Auch die gegenseitigen Abhängigkeiten der LPZ müssen überprüft werden. Als notwendige Schutzmaßnahmen sind umzusetzen:

[ IT-Sicherheitsraum und Etagenverteiler werden LPZ 2 zugeordnet, der restliche Innenbereich LPZ 1 ]
Bild 3: Beispielhafte Einteilung innerer Blitzschutzzonen

Blitzschutzzonen-Konzept

Aufgrund der notwendigen hohen Verfügbarkeit der Systeme wurde für alle aktiven Komponenten des Telekommunikationssystems und des Datennetzes die Blitzschutzzone LPZ 2 festgelegt (TK-Anlage, IT-Sicherheitsraum und Aktivkomponenten im Etagenverteiler, vgl. Bild 3). Die einzelnen Arbeitsplätze sind jedoch als akzeptiertes Risiko bewusst in der weniger stark geschützten LPZ 1 belassen worden, da beim Ausfall einiger Arbeitsplätze der Betrieb des Callcenters aufrechtzuerhalten ist, ohne dass Anrufer Einschränkungen bemerken.

Entsprechend des DIN-VDE-Blitzschutzzonenkonzeptes müssen alle Leitungen an den Blitzschutzzonengrenzen mit Überspannungsschutzgeräten (Surge Protection Devices, SPD) beschaltet werden. Der Schutzpegel der gewählten SPDs muss dabei kleiner als die Spannungsfestigkeit der zu schützenden Geräte sein: beispielsweise ein SPD mit Schutzpegel 1,5 kV bei einem Servernetzteil mit 2,5 kV Spannungsfestigkeit. Auch die Anforderungen der Isolationskoordination in der Niederspannungs-Installation sind zu beachten. Zusätzlich sollen die Energie- und Datenleitungen in eine LPZ dicht zusammen eintreten: Die jeweiligen SPDs werden dann auf einer gemeinsamen Potenzialausgleichschiene angeschlossen. Zudem müssen die SPDs an den Zonengrenzen aufeinander abgestimmt – koordiniert – sein. Die energetische Koordination ist dann erreicht, wenn der Belastunganteil für jedes SPD gleich oder kleiner ist als seine ausgewiesene Festigkeit. Zur sicheren Koordination der SPDs empfiehlt es sich, komplette "Ableiterfamilien" eines Herstellers zu installieren. Die Tabellen 1 und 2 zeigen die Verwendung von SPDs im Zonenkonzept sowie nationale und internationale Bezeichnungen.

Installationsort E DIN VDE 0675-6 mit A1 und A2 EN 61643-11:2001
Blitzstrom-Ableiter, Kombi-Ableiter LPZ 0A → LPZ 1 Ableiter der Anforderungsklasse B SPD Type 1
Überspannungs-Ableiter für Verteilung, Unterverteilung, feste Installation LPZ 0B → LPZ 1 oder LPZ 1 → LPZ 2 Ableiter der Anforderungsklasse C SPD Type 2
Überspannungs-Ableiter für Steckdose / Endgerät LPZ 1 → LPZ 2 oder LPZ 2 → LPZ 3 Ableiter der Anforderungsklasse D SPD Type 3

Tabelle 1: Bezeichnung und Installationsort der Ableiter in energietechnischen Netzen


Installationsort IEC 61643-21:2000
Blitzstrom-Ableiter, Kombi-Ableiter LPZ 0A → LPZ 1 Ableiter der Kategorie D1
Überspannungs-Ableiter für Verteilung, Unterverteilung, feste Installation LPZ 0B → LPZ 1 oder LPZ 1 → LPZ 2 Ableiter der Kategorie C2
Überspannungs-Ableiter für Steckdose / Endgerät LPZ 1 → LPZ 2 oder LPZ 2 → LPZ 3 Ableiter der Kategorie C1, C2

Tabelle 2: Bezeichnung und Installationsort der Ableiter in informationstechnischen Netzen

[Illustration]
Bild 4: Beispielhafter Aufbau informationstechnischer Systeme und ihrer Zuordnung zu Blitzschutzzonen

Einen weiteren Übergang von LPZ 0 zu LPZ 1 bildet aus schutztechnischer Sicht der Übergabepunkt des öffentlichen Telekommunikationsdiensteanbieters zum Betreiber des Call-Centers (vgl. Bild 4). An dieser Stelle erfolgt der Einsatz von SPDs, die Blitzteilströme führen können; häufig verwendet man hierzu Gasentladungsableiter. Die TK-Anlage selbst ist hingegen als LPZ 2 definiert, die dort ankommenden Leitungen sind daher erneut über SPDs zu führen. Gleiches gilt für die abgehenden Nebenstellenleitungen (LPZ 2 auf 1).

Der Etagenverteiler, der an sich LPZ 2 angehört, rangiert die Nebenstellenleitungen dann auf die einzelnen Arbeitsplätze. Dies geschieht aber ausschließlich mittels passiver Komponenten. Ein Einsatz von SPDs für Nebenstellenleitungen beim Eintritt und beim Verlassen des Etagenverteilers ist deshalb sowohl technisch als auch ökonomisch nicht zu rechtfertigen. Im schutztechnischen Sinne befindet sich dann an dieser Stelle des Etagenverteilers nur LPZ 1. Das ist eine durchaus praxistaugliche Vorgehensweise, wenn man eine solche "Enklave" mit geeigneten Schirmungsmaßnahmen von der LPZ 2 des restlichen Etagenverteilers separiert. Die vom Etagenverteiler (Patchfeld) abgehenden Datenleitungen werden daher durch Überspannungsschutzgeräte gepatcht (vgl. Bild 5).

[ DEHN NetProtector zur Absicherung von Ethernet-Verbindungen ]
Bild 5: Überspannungsschutzgerät zum Schutz von Aktivkomponenten im Etagenverteiler

Der Einsatz von SPD in der Niederspannungs-Verbraucheranlage weist gegenüber Anwendungen außerhalb der IT keinerlei Besonderheiten auf (s. bspw. [1] oder [2], vgl. Bild 6). Man sollte allerdings darauf achten, dass die Überspannungsschutzeinrichtungen der Anforderungsklasse B ein Blitzstrom-Ableitvermögen aufweisen, das in der Prüf-Wellenform 10/350 µs angegeben ist. Da auch diese SPDs der unterschiedlichen Anforderungsklassen untereinander koordiniert sein müssen, sind unbedingt die entsprechenden Hinweise der Hersteller zu beachten.

[Illustration]
Bild 6: Beispielhafter Einsatz von Überspannungsschutzeinrichtungen in der Stromversorgung

[ DEHN SFL-Protector ]
Bild 7: Mehrfachsteckdosenleiste mit integriertem Überspannungsschutz der Anforderungsklasse D im IT-Etagenverteiler

Zusammenfassung

Die neuen Blitzschutz-Vornormen bieten – besonders für hochverfügbare elektronische Systeme – die Möglichkeit zukunftsorientiert, flexibel und zuverlässig zu planen. Eine normgerechte Risikoanalyse schafft zusätzliche Planungssicherheit bei der Erstellung eines technisch adäquaten und wirtschaftlichen Schutzkonzeptes. Die Ausführung der geplanten Schutzmaßnahmen erfolgt dann sinnvollerweise im Einklang mit den Schutznormen DIN V VDE V 0185 Teil 3 und Teil 4 . Die neuen Vornormen bilden somit die Grundlage dafür, die hohen Erwartungen an die Verfügbarkeit der energie- und informationstechnischen Systeme in modernen Daten- und Kommunikationsnetzen im Falle einer Blitzbeeinflussung zu erfüllen.

Manfred Kienlein ist staatlich geprüfter Elektrotechniker und im technischen Marketing bei der DEHN + SÖHNE GmbH & Co. KG.

Literatur

[1]
Veiko Raab, Überspannungsschutz von Verbraucheranlagen – Auswahl, Errichtung, Prüfung, Verlag Technik, Berlin 1998, ISBN 3-400-021202-8

[2]
DEHN + SÖHNE, Blitzplaner 2001, als PDF per Download von [externer Link] www.dehn.de/www_DE/PAGES_D/service/down/blitzplaner.html oder auf Anforderung per E-Mail an info@dehn.de oder Fax 09181 906-100