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Gemischte Erwartungen in der ITK-Wirtschaft

Das BITKOM-Branchenbarometer zeigt ein differenziertes Stimmungsbild: Der Markt lebt von Software und Dienstleistungen, Telekommunikationsausrüster befinden sich in schwierigem Fahrwasser. Von der Politik fordert BITKOM eine Modernisierung des Arbeitsrechts und mehr Engagement für E-Government.

Die Erwartungen der Informations- und Kommunikationswirtschaft (ITK) an die Marktentwicklung in Deutschland sind gemischt. 56 % der Unternehmen rechnen mit steigenden Umsätzen im Gesamtjahr 2002 – 17 % gehen von einem stabilen Geschäft auf Vorjahresniveau aus – 28 % der Firmen äußern sich pessimistisch. Insgesamt soll der deutsche ITK-Markt in diesem Jahr voraussichtlich leicht einstellig auf ein Volumen von etwa 140 Milliarden Euro wachsen. Zuwächse im zweistelligen Bereich erwarten lediglich 6,5 % der Firmen. Von einer solchen Dynamik profitieren nur wenige Sektoren, besonders Internet- und Online-Dienste.

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ITK-Gesamtmarkt: Quartalsvergleich 2002/1 zu 2001/1 (Angaben: Nennungen in Prozent)

In den zuletzt stark mitgenommenen Bereichen IT-Hardware und TK-Endgeräte wird zum Jahresende hin eine allmähliche Belebung erwartet. Vor allem für die Anbieter von Telekommunikations-Infrastruktursystemen ist die Talfahrt hingegen noch nicht zu Ende. "Ingesamt darf man in diesem Jahr nicht mehr mit einer nennenswerten Nachfragebelebung rechnen", erläuterte BITKOM-Präsident Volker Jung anlässlich einer Pressekonferenz zur Vorstellung des aktuellen Branchenbarometers. "Die Großwetterlage zeigt gleichermaßen Sonne und Wolken über der ITK-Branche." Auch wenn die Kunden mit ihren IT-Budgets noch zurückhaltend umgehen, so wird in der Branche selbst verstärkt investiert. "Das ist das zuverlässigste Zeichen dafür, dass die dürren Zeiten in den meisten Sektoren allmählich zu Ende gehen", kommentierte Jung. Von der Politik forderte er eine Flexibilisierung des Arbeitsrechts, bessere Rahmenbedingungen für den Aufbau der UMTS-Netze und mehr Engagement für E-Government. In diesem Zusammenhang regte Jung die flächendeckende Einführung einer digitalen Bürgerkarte mit Ausweis- und Signaturfunktion innerhalb der kommenden vier Jahre an (vgl. KES 2002/2, S. 14). Im Gesundheitswesen müsse die Patientenkarte zu einer digitalen Gesundheitskarte ausgebaut werden. Mit diesen neuen Technologien wären enorme Einsparungen im öffentlichen Sektor möglich.

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Umsatzerwartungen im ITK-Markt: Jahresvergleich 2002 zu 2001 (Angaben: Nennungen in Prozent)

Arbeitsrecht für den Knowledge-Worker

Um auf die sich sprunghaft ändernden Marktbedingungen jeweils schnell reagieren zu können, muss das Arbeitsrecht entkrustet werden. "Das Arbeitsministerium hat bei seinen Entscheidungen weiterhin den typischen Fabrikarbeiter im Auge", so Jung. In der ITK-Branche aber arbeiten nur noch 5–10 Prozent der knapp 800 000 Beschäftigten in der Produktion. Dementsprechend brauchen wir in Deutschland ein Arbeitsrecht, das sich auch am Knowledge-Worker orientiert. Die Begrenzung der täglichen Höchstarbeitszeit sollte abgeschafft werden, Tariffragen müssen individuell geregelt werden können. Außerdem sollten die Unternehmen in die Lage versetzt werden, Personalentscheidungen stärker am eigenen Bedarf zu orientieren. Nicht zuletzt sollten die Weiterbildungsangebote der Bundesanstalt für Arbeit neu ausgerichtet werden. So würde man beschäftigungsextensive Phasen nutzen können, um bedarfsgerecht qualifizierte Arbeitskräfte für den Wiederaufschwung zur Verfügung zu haben.

Modernisierte Verwaltung: E-Government, E-Health, Bürgerkarte

In der öffentlichen Verwaltung und dem Gesundheitswesen könnte durch den konsequenten Einsatz von Informations- und Kommunikationssystemen effizienter gewirtschaftet werden. Jung begrüßte in diesem Zusammenhang das Programm "BundOnline 2005" der Bundesregierung. In diesem Rahmen soll mit einem Etat von 1,65 Milliarden Euro für die nächsten vier Jahre die Modernisierung der Verwaltung auf Bundesebene angekurbelt werden. Man rechnet mit jährlichen Gesamtersparnissen von 400 Millionen Euro.

Auf Länder- und Gemeindeebene wird aus BITKOM-Sicht aber noch zu häufig das Rad jeweils neu erfunden. Es fehlt unter anderem an IT-Experten, an der Koordination der Kommunen untereinander, an Rechtssicherheit und schließlich auch am Geld. Nicht zuletzt deshalb liegt Deutschland bei den Investitionen in E-Government im europäischen Vergleich nur auf Platz 10. Jung forderte daher alle größeren öffentlichen Einrichtungen und Behörden auf, einen E-Government-Beauftragten zu benennen, der sich dieser Themen annimmt.

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ITK-Investitionen im öffentlichen Bereich nach Ländern (EU 2001, Gesamtausgaben: 58,4 Mrd. €, Angaben in Klammern in Mrd. €, Quelle: EITO)

Um E-Government wirklich zum Durchbruch zu verhelfen, muss aber vor allem für eine flächendeckende Einführung einer digitalen Bürgerkarte mit Ausweis- und Signaturfunktion gesorgt werden. Deutsche Unternehmen gehören zu den internationalen Marktführern der Chipkarten-Technologie und realisieren ihre Projekte bislang primär im Ausland. "Mit deutscher Technologie laufen uns asiatische Länder wie Malaysia und Singapur in Sachen digitale Bürgerkarte mit großen Schritten davon", warnte Jung. In Deutschland fehle bisher der klare politische Wille, ein schlüssiges Konzept und ein konkreter Zeitplan für die Einführung der Bürgerkarte. Die Technologie sei vorhanden. Innerhalb der nächsten vier Jahre könnte man auch in Deutschland eine chipbasierte Bürgerkarte flächendeckend einführen. "Dazu bedarf es einer klaren Weichenstellung durch die Bundesregierung", forderte Jung die politischen Entscheidungsträger auf.

In diesem Zusammenhang warnt BITKOM vor Verzögerungen bei der Einführung elektronischer Verwaltungsdienste auf Landes- und Kommunalebene durch die derzeit verhängten Haushaltssperren in vielen Bundesländern. Gerade erst entwickeln sich Ansätze für E-Government-Projekte in den Kommunen, und schon jetzt sind die zur Verfügung stehenden Budgets häufig eng. Eine weitere Reduzierung oder gar Streichung von Mitteln durch Haushaltssperren könnte die wichtigen Engagements einzelner Verwaltungen zerstören. In Deutschland droht dann eine Ruinenlandschaft begonnener, aber nicht zu Ende gebrachter E-Government-Projekte. Selbst wenn die Haushaltssperren nur für wenige Monate bestehen, könnte man die Projekte wegen des rasanten technischen Fortschritts später nicht ohne Weiteres fortsetzen.

Im Gesundheitswesen sollte ein verbindlicher Informations- und Kommunikationsstandard eingeführt werden, der die technische Basis aller Prozesse im Medizinwesen von der Eingabe von Patientendaten über deren Übermittlung bis hin zur Verarbeitung in den Praxen, Krankenhäusern und Kassen definiert, "und zwar verpflichtend für alle Akteure", fordert Jung. Der Versicherte würde dann künftig eine elektronische Gesundheitskarte erhalten, die als Kombination von Versichertenkarte mit elektronischem Rezept und Arztbrief eingesetzt werden kann. BITKOM hat hierzu Vorschläge gemacht, die zurzeit mit der Bundesregierung erörtert werden.

Weitere Informationen:

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Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V.

Dr. Mathias Weber, Referat Markt und Statistik
Tel.: 0 30/2 75 76-1 21
Fax: 0 30/2 75 76-4 00
E-Mail: m.weber@bitkom.org

Elke Siedhoff, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0 30/2 75 76-1 10
Fax: 0 30/2 75 76-4 00
E-Mail: e.siedhoff@bitkom.org

Internet: externer Link  www.bitkom.org

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KES 2002/4, Seite 25