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Kabinettbeschluss zur elektronischen Signatur

Von Jörg-Udo Aden, Bundesministerium des Innern

Die Bundesregierung hat am 16. Januar 2002 den Beschluss zur Sicherheit im elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehr mit der Bundesverwaltung gefasst. Dieser Artikel stellt die E-Government-Initiative BundOnline 2005 und die Bedeutung des Beschlusses hierfür dar. Der Beschluss wird erläutert und weitere Aktivitäten vorgestellt.

Laut einer Forsa-Studie sind derzeit zwei Fünftel der Bundesbürger über 14 Jahre online. E-Mail-Kommunikation und die elektronische Abwicklung alltäglicher Geschäfte sind "normal" geworden. 58 Prozent der Internet-Nutzer gehen davon aus, dass sich bereits in diesem Jahr viele wichtige Verwaltungsangelegenheiten online erledigen lassen. Die Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger wird noch übertroffen von der Bereitschaft, solche Online-Angebote auch tatsächlich zu nutzen. Mehr als drei Viertel der Bürger möchten der Umfrage zufolge beispielsweise Auto-Ummeldungen im Internet abwickeln.

Die Bundesregierung fördert diese Entwicklung. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die E-Government-Initiative BundOnline 2005, mit der sich die Bundesregierung verpflichtet hat, über 350 Dienstleistungen der gesamten Bundesverwaltung bis Ende 2005 online im Internet bereitzustellen. Im November 2001 hat das Bundeskabinett hierzu einen umfassenden und ressortübergreifenden Umsetzungsplan beschlossen.

Ein wichtiger Bestandteil sind die so genannten Basiskomponenten: Module, die für viele E-Government-Anwendungen gebraucht werden. Diese Basiskomponenten werden zentral bereitgestellt:

IT-Sicherheit

Die Basiskomponente Datensicherheit spiegelt die hohe Bedeutung der IT-Sicherheit beim E-Government wider. Die Menschen werden die neuen Möglichkeiten der elektronischen Kommunikation nur nutzen, wenn sie Vertrauen in ihre Sicherheit haben. Das gilt beim E-Mail-Verkehr genauso wie für webbasierte E-Government-Dienstleistungen.

Das Bundeskabinett hat daher am 16. Januar 2002 den Beschluss der Bundesregierung zur Sicherheit im elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehr mit der Bundesverwaltung gefasst. Ein wesentliches Anliegen ist die Einführung der digitalen Signatur beziehungsweise – wie es seit der EG-Richtlinie heißt – elektronischen Signatur. Der Beschluss schafft gleichzeitig die Grundlage für die Ausgestaltung der Basiskomponente Datensicherheit.

Die elektronische Signatur ist das wesentliche Instrument zur Gewährleistung der Integrität (Schutz vor Manipulation) und der Authentizität (Schutz vor gefälschter Identität/Herkunft) elektronischer Nachrichten und ihrer Verfasser. In der Praxis steht die Signatur in engem Zusammenhang mit der Verschlüsselung (Schutz der Vertraulichkeit). Schließlich muss die Verfügbarkeit (Schutz vor Ausfall der IT-Systeme) durch geeignete IT-Grundschutzmaßnahmen gewährleistet sein. Mit dem Kabinettbeschluss hat die Bundesregierung ein Gesamtkonzept dafür vorgelegt.

Vertraulichkeit, Integrität, Authentizität und Verfügbarkeit bei der elektronischen Kommunikation

werden sichergestellt.

Ausgangssituation

Schon 1997 wurde in Deutschland der rechtliche Rahmen für den Einsatz elektronischer Signaturen geschaffen. Signatur und Verschlüsselung werden in einzelnen Anwendungen genutzt. Die Bundesregierung hat in mehreren Projekten die elektronische Signatur getestet und ihren Einsatz gefördert, beispielsweise in MEDIA@Komm-Projekten für den Einsatz der Signatur bei kommunalen E-Government-Anwendungen und dem Projekt SPHINX für sicheren E-Mail-Austausch.

Aber es hat sich noch kein breiter Markt entwickelt. Der Durchbruch für den breiten und flächendeckenden Einsatz sicherer Verfahren für den elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehr ist noch nicht geschafft. Anliegen des Beschlusses ist es, die verschiedenen Aktivitäten zu einer kohärenten Gesamtlösung zusammenzuführen und das weitere Vorgehen für die Bundesverwaltung festzuschreiben.

Mit dem Kabinettbeschluss wird verdeutlicht, dass die Zusammenarbeit aller Beteiligten – Wirtschaft, Anwender und Verwaltungen – für eine erfolgreiche Umsetzung unabdingbar ist. Die Bundesregierung bietet den Herstellern und Verbänden eine umfassende Zusammenarbeit an. Mit dem Beschluss verfolgt die Bundesregierung drei Ziele:

1 E-Mail-Sicherheit wird flächendeckend eingeführt – IT-Grundschutz

Die Bedeutung einfacher E-Mails steigt – auch in der Kommunikation zwischen Bürger und Verwaltung. Daher will die Bundesregierung Vertraulichkeit, Integrität und Authentizität des E-Mail-Verkehrs möglichst flächendeckend gewährleisten. Das gilt nicht nur innerhalb der Verwaltung, sondern auch mit Dritten. Hinsichtlich der Signatur (Integrität und Authentizität) gilt hierbei, dass in der Regel keine Formvoraussetzungen zu beachten sind; im Vordergrund steht die Verschlüsselung zur Gewährleistung der Vertraulichkeit. Daher können so genannte fortgeschrittene Signaturen gemäß Signaturgesetz zur Anwendung kommen. Diese funktionieren auch ohne Chipkarte und können daher einfach, schnell und kostengünstig eingeführt werden.

Die Bundesverwaltung strebt an, bis Ende 2003 in allen Bundesbehörden die Arbeitsplätze mit Software für E-Mail-Sicherheit auszustatten, sodass die Mitarbeiter ihre E-Mails verschlüsseln und verschlüsselte E-Mails der Bürger empfangen können.

2 Qualifizierte elektronische Signaturen bei E-Government-Dienstleistungen, wo es erforderlich oder geboten ist

Der Einsatz qualifizierter Signaturen ist anwendungsbezogen zu entscheiden. Sie sind insbesondere dann erforderlich, wenn die jeweiligen Gesetze eine Schriftform vorsehen (Rechtsverbindlichkeit) oder falls eine Erhöhung der Beweiskraft geboten ist. Qualifizierte Signaturen erfordern persönliche Chipkarten, auf denen der individuelle Schlüssel des Nutzers besonders sicher abgespeichert ist.

Bei einem Viertel der über 350 Dienstleistungen von BundOnline 2005 wird voraussichtlich die qualifizierte elektronische Signatur erforderlich sein. Ein Beispiel ist die elektronische Ausschreibung und Beschaffung, wo die eigenhändige Unterschrift rechtlich vorgeschrieben ist.

3 Verhinderung von Wildwuchs durch die Festlegung einheitlicher technischer Standards

Wirtschaft und Verwaltung haben sich auf die Verwendung der globalen Internet-Standards S/MIME für den sicheren E-Mail-Verkehr und X.509v3 für die Zertifikate verständigt. Diese werden durch den so genannten ISIS-MTT-Standard ergänzt (vgl. KES 2001/5, S. 72), der die Chance bietet, Zertifizierungsinfrastrukturen und elektronische Signaturen mit unterschiedlichem Sicherheitsniveau flexibel auf einer einheitlichen Basis einzuführen. Hierzu stehen die zuständigen Bundesministerien des Innern und für Wirtschaft und Technologie in einem sehr konstruktiven Dialog mit der Wirtschaft. Diese tritt dabei nicht nur als Anbieter von Produkten, sondern auch als Anwender auf, mit ähnlichen Sicherheitsbedürfnissen wie die Verwaltung. Und die Systeme müssen zusammenpassen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie fördert die Definition von ISIS-MTT sowie die Einrichtung eines Testcenters im Rahmen von MEDIA@Komm. Mit dem Beschluss setzt die Bundesregierung ein Signal für mehr Sicherheit beim elektronischen Geschäftsverkehr, ohne den Bürgerinnen und Bürgern oder der Wirtschaft kostenträchtige Investitionen aufzubürden.

Ein Leitprinzip des Beschlusses ist es, dass jeder grundsätzlich selbst über das für ihn angemessene Sicherheitsniveau entscheiden können soll. Der Beschluss spricht hier von anwendungsbezogen angemessener Sicherheit. Das ermöglicht größtmögliche Wirtschaftlichkeit.

So wie im normalen Briefverkehr soll es auch bei der elektronischen Kommunikation gehandhabt werden: Eine E-Mail-Anfrage kann weiterhin "einfach so" geschickt werden, aber die Verwaltung wird schrittweise auch vom Bürger verschlüsselte Anfragen akzeptieren, etwa mit persönlichen Daten. Umgekehrt werden die Bundesbehörden nach und nach auch verschlüsselte E-Mails versenden, sofern der Bürger sein Zertifikat der Behörde zur Verfügung stellt.

Ähnliches gilt für die elektronische Signatur: Die Verwaltung wird ihre Dokumente – entsprechend den jeweils vorhandenen technischen Möglichkeiten – elektronisch signieren und auch die Signatur prüfen, sofern die Zertifikate verfügbar sind. Und für bestimmte Anwendungen kommen qualifizierte elektronische Signaturen zum Einsatz, die die gleiche Rechtsverbindlichkeit haben wie eine handschriftliche Unterschrift.

Weitere Schritte

Die genannten Leitlinien müssen nun bei der Implementierung von E-Government-Dienstleistungen und bei der Einführung von E-Mail-Sicherheit beachtet werden. Hierbei wird auf bereits geschaffene, sich ergänzende und auf Basis von ISIS-MTT interoperable Zertifizierungsinfrastrukturen aufgebaut:

Als Voraussetzung für eine sichere und nutzerfreundliche E-Mail-Kommunikation zwischen Bund, Ländern und Einrichtungen des kommunalen Bereichs wird ein Verzeichnisdienstkonzept erarbeitet, das ein automatisches Zugreifen auf die Zertifikate der Kommunikationspartner ermöglicht. Entsprechend wird auch der Zugriff auf die Zertifikate und Sperrlisten anderer Zertifizierungsinfrastrukturen über die Bridge-CA erfolgen.

Ein zentrales Modul ist die so genannte virtuelle Poststelle. Sie wird zentral bereitgestellt und dezentral in den einzelnen Behörden eingesetzt und soll Aufgaben der Ver- und Entschlüsselung, Signaturprüfung und -bildung, Virenprüfung, Archivierung und Zeitstempelung übernehmen. Die Implementierung der Module wird Zug um Zug erfolgen und derzeit im BSI konzipiert. Ein erster Schritt wird die Ausstattung der Bundesbehörden-Poststellen mit Produkten zur E-Mail-Sicherheit sein. Damit wird die Übersendung verschlüsselter E-Mails an die Behörden möglich.

Zentrale Bedeutung hat die Bündelung von Infrastrukturen (Zertifizierungsinfrastrukturen und Chipkarten). Derzeit wird untersucht, welche vorhandenen Infrastrukturen genutzt werden können, um Zertifikate und kryptografische Schlüssel für Signatur und Verschlüsselung von E-Government-Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen.

Erfolgversprechend scheint die Verwendung von Bankkarten, die mit Signaturfunktion ausgestattet sind. Signaturschlüssel und weitere kryptografische Schlüssel könnten gemeinsam mit EC- und Geldkartenfunktion auf einer Karte angeboten werden, die damit für die Bürgerinnen und Bürger attraktiv wäre, wenn sie den Schlüssel zu vielen interessanten E-Government-Dienstleistungen böte. Grundsätzlich soll allen Infrastruktur-(Chipkarten-)Anbietern die Möglichkeit gegeben werden, Zertifikate und kryptografische Schlüssel für E-Government-Dienstleistungen anzubieten.

Aus den Ausführungen ergibt sich, dass die Einführung von Signatur und Verschlüsselung bei E-Government-Dienstleistungen und der E-Mail-Sicherheit nur in enger Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen sowie mit der Wirtschaft erfolgen kann. Dieses wird über den Kooperationsausschuss ADV Bund/Länder/kommunaler Bereich sowie über intensive Zusammenarbeit mit den Herstellerverbänden sichergestellt.

Weiterführende Informationen

[1]
Kabinettbeschluss zur Sicherheit im elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehr mit der Bundesverwaltung vom 16. Januar 2002, [externer Link] www.bmi.bund.de/Annex/de_16048/Kabinettbeschluss_zur_digitalen_Signatur.pdf
[2]
Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung, [externer Link] www.kbst.bund.de
[3]
E-Government-Initiative BundOnline 2005, BundOnline 2005 – Umsetzungsplan für die E-Government-Initiative, [externer Link] www.bundonline2005.de
[4]
SPHINX, [externer Link] www.bsi.bund.de/aufgaben/projekte/sphinx/
[5]
Elektronische Signatur, [externer Link] www.bsi.bund.de/esig/
[6]
Signaturgesetz (SigG) und Signaturverordnung (SigV) sowie weitere Informationen zum Thema Informationsgesellschaft/Medienrecht, [externer Link] www.bmwi.de/Homepage/Politikfelder/Informationsgesellschaft/Medienrecht/Medienrecht.jsp
[7]
Studie Einsatzmöglichkeiten der elektronischen Signatur in öffentlicher Verwaltung und Wirtschaft, [externer Link] www.bmwi.de/Homepage/Politikfelder/Informationsgesellschaft/infogesellschaft1.jsp (unter "Sicherheit im Internet")
[8]
Entwurf Drittes Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (3. VwVfÄndG), [externer Link] www.bmi.bund.de/dokumente/Artikel/ix_49955.htm
[9]
ISIS-MTT 1.01 Release, [externer Link] www.t7-isis.de/ISIS-MTT/isis-mtt.html

© SecuMedia-Verlags-GmbH, D-55205 Ingelheim,
KES 2002/2, Seite 19