Management und Wissen

Internet-Zahlsysteme

Bezahlsysteme im Internet – sicher? sicher!

Von Helmut Schmid, Stuttgart

Das Einkaufen im Netz löst bisher nicht gerade Begeisterungsstürme beim Verbraucher aus. Einer der Gründe ist die hohe Erwartungshaltung an Bezahlsysteme im Internet. Sie sollen einfach und für den Anwender aus der Situation heraus nutzbar sein und dabei hohe Sicherheit gewährleisten. Hier gibt es noch deutliche Defizite.

Sicher ist, dass die Bezahlübertragung im Internet geschützt funktioniert. Sicher ist, dass Bezahlsysteme dringend notwendig sind. Sicher ist auch, dass es derzeit kein umfassendes Bezahlsystem gibt. Sicherheit beim Bezahlen im Internet ist eine Grundvoraussetzung für den Erfolg des E-Commerce. Dabei gilt es die Bedürfnisse der Verbraucher und der Anbieter/Händler gleichermaßen zu berücksichtigen.

Derzeit hat sich nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen herauskristallisiert, dass über einen Aspekt Konsens herrscht: Verbraucher und Anbieter haben sich für die Sicherheit des Notenbankengeldes entschieden. Neue private, digitale Währungen haben derzeit keine Chance. Auf der Basis dieses Konsens erarbeitet man nun Lösungen, die als Gesamtsystem sicher sind und nicht nur als technischer Prozess.

Zur Beurteilung des Gesamtprozesses mit seinen Anforderungen dient der Sicherheitskreis (vgl. Abb. 1). Nur wenn dieser Kreis komplett ist, wird ein Bezahlsystem Akzeptanz finden. Basispunkt für den Sicherheitskreis ist eine allgemeine, bekannte und anerkannte Sicherheitsmarke. Derzeit gibt es alleine in Deutschland vier verschiedene Sicherheitsmarken, die alle mehr oder minder unbekannt sind. Was notwendig ist, ist eine europaweit bekannte Sicherheitsmarke – was keine umständliche EU-Standardisierung bedeuten sollte. Den Weg dorthin könnte ein Industriestandard ebnen, der offen angelegt ist und allen Interessierten kostenlos zur Verfügung steht.

[Verbrauchersicht: sichere Übertragung - (kein) Bezahlen im Voraus - Sicherheit der Liefernug - Vertrauen in Händler - anerkannte Qualitätsmarke - Händlersicht: Autorisierung je Bezahlvorgang - Zuordnung 'Adresse - Konto' - Identifikation des Kunden - sichere Übertragung]
Abbildung 1: Der Sicherheitskreis

Der zweite markante Punkt des Sicherheitskreises ist die sichere Übertragung. Diese ist im üblichen Sinn beim heutigen Stand der Verschlüsselungstechnik gewährleistet. Natürlich wird es auch hier immer neuer Verbesserungen bedürfen, aber niemand braucht heute mehr Angst vor Übertragungsproblemen als vor einem "falschen Fünfziger" zu haben.

Zwischen beiden markanten Punkten bewegen sich die Forderungen der Verbraucher und der Händler. Erstes Sicherheitsproblem für den Verbraucher sind Identifikation und Seriosität des Händlers: Wird dieser die Ware liefern und wird sie den Erwartungen des Kunden entsprechen? Dieses Sicherheitsbedürfnis ist abgedeckt durch das Fernabsatzgesetz und durch neutrale Paymentdienstleister, die ihre Händlerkundschaft entsprechend prüfen und vertraglich verpflichten.

Ein anderer wesentlicher Faktor ist die Art der Bezahlung: Vorauszahlung verursacht ein erhebliches Unbehagen beim Verbraucher. Deswegen läuft derzeit zu 90 % die Bezahlung per Nachnahme oder auf Rechnung. Wenn jedoch beispielsweise ein CD-Player für 500 € zu bezahlen und zu liefern ist, wird der Verbraucher nicht per Vorauskasse zahlen, der Händler aber auch nicht ohne Bonitätsprüfung ausliefern wollen. Für verschiedene Transaktionen bedarf es daher unterschiedlicher Bezahlverfahren.

[Zusammenhang zwischen Warenwert und -art sowie Zahlsystemen]
Abbildung 2: Bezahlsysteme für verschiedene Marktsegmente

Billingsysteme eignen sich für die Belieferung eines Kundenstammes, der bereits anderweitig Leistung regelmäßig bezahlt, und sind besonders gut für digitale Güter nutzbar. ec-Karten-Lastschrift ermöglicht im Stammkundenkreis auch Bezahlungen für größere Warenwerte. Kreditkarten sind im internationalen Verkehr das funktionierende System überhaupt. Die Sicherheit der Identifikation ist durch neue Merkmale entscheidend gesteigert worden (z. B. durch SET). Abrechnungen per Telefonrechnung über net900 der Telekom ermöglichen die Bezahlung von kleinerem Wert speziell für digitale Güter und können ohne Vorbereitung sofort genutzt werden.

Der Bankeinzug wird durch ein online zugestelltes Zertifikat, das Internetnutzer und Kontoinhaber eindeutig identifiziert und verbindet, zu einem sicheren Bezahlverfahren. Der Vorlauf für die erstmalige Nutzung ist ein Tag. GeldKarte und Micromoney sind vorausbezahlte Karten, die einerseits eine sichere und anonyme Bezahlung ermöglichen, allerdings einen gewissen Hard- und Softwareaufwand bedeuten (Kartenleser, ...). Sie sind mit einem Vorlauf des Kartenbeschaffens für kleine Werte bestens geeignet.

[CallCenter Eingabe - Billing für Stammkunden, ec-Karten-Lastschrift - Kreditkarte - Telefonrechnung (net900) - Bankeinzug - Geldkarte - MicroMoney - Mobile Payment - Bezahlzertifikate]
Abbildung 3: Internet Paymentlösungen – die Stufen zeigen die zeitliche Folge der Einführung verschiedener Lösungen.

Mobile Payment mit der Nutzung des Handys als Identifikationsmittel bietet großen Komfort, befindet sich jedoch erst in der Aufbauphase und eine Standardisierung lässt noch auf sich warten. Die Zukunft für sicheres Bezahlen sind Bezahlzertifikate, die aber noch große Investitionen in die Zertifikatsverteilung und Kundenidentifikation erfordern.

Wenn man diese Lösungen mit den Anforderungen vergleicht, bleibt noch viel zu tun. Vor allem fehlt eine verbindliche, bekannte Qualitätsmarke, der die Verbraucher und Händler gleichermaßen vertrauen. Die Verbraucher erwarten außerdem eine Bezahlung bei oder nach Erhalt der Ware, um die Annahme der Ware selbst zu bestimmen. Die Händler wollen dies möglichst kostengünstig umsetzen.

Als Vision ist anzustreben, dass jeder Verbraucher ein sicheres Zertifikat besitzt, das ihn eindeutig identifiziert. Dazu benötigen sie einen Chipkartenleser (genauer: jedes nutzbare Endgerät benötigt einen Chipkaternleser). Der Kunde wird in Zukunft vermutlich fallweise entscheiden, ob er sich über eine Chipkarte oder über sein Handy identifiziert. Die Wege dazu sind bekannt und die ersten proprietären Lösungen bereits auf dem Markt. Der Anfang ist gemacht, Standardisierung und Marktdurchdringung bleiben zu tun.

Helmut Schmid ist Managing Direktor der TeleCash Kommunikations-Service GmbH ([externer Link] www.telecash.de).

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KES 6/2001, Seite 48