Die meisten Kredit- und Versicherungsinstitute haben sich aus Performancegründen gegen eine so genannte "Big-Bang-Umstellung" entschieden. Eine Umstellung auf einen Schlag würde die meisten Systeme überfordern. Dazu ist die Aufgabe in der Regel zu umfangreich. Deshalb stellen vor allem die größeren Unternehmen mit komplexen Systemen ihre Anwendungen und Datenpakete bis zum Ende der Übergangsfrist am 28. Februar 2002 schrittweise um. Wichtig ist vor allem, Abhängigkeiten unter betroffenen Anwendungen zu berücksichtigen. So müssen beispielsweise Banken mit einem Kontokorrentkonto auch die entsprechenden Limits und Sicherheiten anpassen.
Euro-Umstellungsphasen: Der Endspurt naht.
Insgesamt verteilt sich durch diese schrittweise Umstellung die extrem hohe Belastung der Systemressourcen auf einen längeren Zeitraum. Gerade in der momentanen Endphase der Euroumstellung (vgl. Abbildung) darf hierbei vor allem der DV-gestützte Geschäftsbetrieb nicht gestört werden. Deshalb empfiehlt sich eine von den Produktionssystemen vollständig getrennte Testumgebung (vgl. Kasten). In der Umgebung ist vor allem die Performance der eingesetzten Migrationsprogramme zu prüfen: Können sie das geplante Zeitfenster tatsächlich einhalten? Weiterhin muss man kontrollieren, ob nach Teil- und Gesamtumstellungen von Programmen Geschäftsprozesse weiterhin korrekt ablaufen.
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Die technische Infrastruktur einer eigenständigen Testumgebung umfasst einen eigenen Testrechner sowie alle für die einzelnen Teststufen erforderlichen umgebenden technischen Systeme (dezentrale Systeme). Sie werden permanent oder temporär von der jeweils zuständigen Linienabteilung für die Testdurchführung zur Verfügung gestellt und betrieben.
Der Aufbau gliedert sich in vier Phasen:
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Eine vom täglichen Betrieb getrennte Testumgebung läuft jedoch Gefahr zu einem Elfenbeinturm der Qualitätssicherung (QS) zu werden. Nachträgliche Veränderungen wie neue Programmeinsätze, systemtechnische Anpassungen oder Betriebssystem-Updates bleiben leicht unberücksichtigt. Schnell spiegelt die Testumgebung dann nicht mehr die tatsächlichen Bedingungen des Geschäftes wider. Deshalb gilt es, Nähe zum aktuellen Softwarestand und zu Abläufen des Unternehmens zu wahren, indem man Veränderungen auch in die Testumgebung einpflegt.
Da während einer Testphase die Testumgebung nicht verändert werden darf, sollte man das gesamte Testgeschehen in Zyklen unterteilen. Zu Beginn jedes Zyklus erfolgt in einer Wartungsphase die Anpassung an die Produktion, das heißt das Einpflegen von Änderungen. Dadurch ist gewährleistet, dass die Testumgebung fortlaufend der Realität entspricht. Eine neue Testphase kann beginnen, an die sich dann wiederum die Anpassung anschließt.
Während der Wartungsphase wird die Testumgebung an die Produktionsumgebung in folgenden Schritten angeglichen:
Die IT-Spezialisten können dann in dieser Umgebung alle erforderlichen QS-Aufgaben durchführen, ohne den laufenden Betrieb zu stören. In realistischem Umfeld lässt sich zuverlässig die Performancequalität der Migrationsprogramme prüfen. Ebenso können für die Geschäftsprozesstests komplette Ende-zu-Ende-Tests in produktionsanaloger Testumgebung mit Anschlussmöglichkeiten für dezentrale Systeme durchgeführt werden.
Für die Geschäftsprozesstests reichen bereits wenige Daten aus, die allerdings über mehrere IT-Anwendungen absolut konsistent sein müssen. Es bietet sich an, Daten aus dem tatsächlichen Produktionsbestand – beispielsweise aus DB2-Tabellen, IMS-Datenbanken oder OS-Files – heranzuziehen und zu reduzieren. Das geschieht offline, basierend auf dem Stand vom 31.12.2000. Anschließend sind die erforderlichen Batch-Läufe mit dem logischen Laufdatum bis zum aktuellen Systemdatum nachzufahren. Das können sowohl einzelne Tagesendeverarbeitungen als auch Monats- oder Quartalsendeverarbeitungen sein. Danach kann der Datenbestand wieder mit Onlineprogrammen bearbeitet werden, da sich das Systemdatum vorwärts bewegt und durch Snap-Shot-Verfahren wieder rücksetzbar ist.
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Die Qualitätssicherung der Euro-Einführung muss sowohl die umgestellten Systeme als auch das Konzept der Umstellung prüfen. Dabei fallen folgende Aufgaben an:
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Wie lässt sich nun überprüfen, ob ein Unternehmen alle notwendigen Schritte getan hat? Einen Überblick geben Assessments, vor allem für Unternehmen, die in Zeitnot geraten sind. Dienstleister wie beispielsweise die Kölner SQS Software Quality Systems AG bieten solche Euro-Assessments an. Anhand einer Checkliste wird festgestellt, wo noch Handlungsbedarf ist. Unternehmen können daraufhin gezielt nachbessern. Auch wenn der Check ergibt, dass die Zeit nicht mehr für alle notwendigen Tests ausreicht, kann man zumindest die für das Geschäft wichtigsten Tests herausfiltern.
Ein solchr Notfalldienst ist zwar dienlich, um in letzter Minute Unstimmigkeiten zu beseitigen. Längerfristig zahlt sich jedoch eine systematische Qualitätssicherung von Beginn an stärker aus. So wird einerseits vermieden, dass Dinge "vergessen" werden. Andererseits macht sie das Testen durch eine konsequente Systematik wirtschaftlicher – mittelfristig sinken Zeit- und Kostenaufwand. Deswegen sollten Unternehmen die Erfahrungen aus der Euro-Umstellung nutzen, um das Rad später nicht wieder aufs Neue erfinden zu müssen.
Eine zentrale Testumgebung, die nicht nur für einzelne Projekte wie die Euro-Umstellung aufgebaut und gepflegt wird, kann der Ausgangspunkt einer langfristigen und wirtschaftlichen Qualitätssicherung sein. Sie liefert über die Euro-Einführung hinaus eine permanente Datenbasis, die ein produktionsnahes Testen neuer Produkte auch nach der Umstellung ermöglicht. Dadurch trägt ein derart selbstständiges Testumfeld nicht nur zu einem reibungslosen Übergang zum europäischen Zahlungsmittel bei, sondern wird zur Basis einer Qualitätssicherung, die den gesamten DV-gestützten Geschäftsbetrieb umfasst.
Stephan Salmann ist Department-Leiter bei SQS Software Quality Systems AG in Köln, Ulrich Fassbender ist technischer Gesamtleiter Euro bei SQS und Dr. Stephanie Schneider ist QS-Beraterin bei SQS.
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KES 5/2001, Seite 10