Systeme und ihr Umfeld

Unterbrechungsfreie Stromversorgung

USV: Mehr als Ausfallsicherung

Von Angelika Netzler, Augsburg

Für viele IT-Fachleute dürfte gelten: "USV, das unbekannte Wesen...". Wie funktioniert eigentlich so ein Ding? Und was können die Geräte, außer ein paar Minuten Strom zu liefern, wenn mal der Versorger streikt?

"USV kosten nur Geld und eigentlich braucht man sie gar nicht" – dieser Standpunkt ist noch immer weit verbreitet, aber gefährlich. Die Zuverlässigkeit der Stromversorger in Deutschland ist mit nahezu 100 Prozent ohne Zweifel ausreichend. Längere Totalausfälle sind eine Ausnahme. Der Durchschnittswert wird hierzulande auf circa 10 Minuten pro Jahr geschätzt. Bei den europäischen Nachbarn sieht es wesentlich schlechter aus. Unternehmen in Frankreich müssen jedes Jahr schätzungsweise 60 Minuten, Italiener etwa 10 Stunden ohne Strom auskommen. Die Energieversorger befürchten, dass sich auch die deutschen Ausfallzeiten in den kommenden Jahren drastisch erhöhen werden. Hintergrund dieser Prognose ist die Liberalisierung des Strommarktes: Der Konkurrenzkampf sorgt zwar für niedrigere Preise, aber gleichzeitig auch für eine schlechtere Versorgung, da das Investitionsvolumen zurückgehen wird. Deutschland hatte bislang weltweit zwar die beste Versorgung, aber im internationalen Vergleich auch hohe Preise.

Die Ursachen für komplette Stromausfälle sind zahlreich. Ginge man davon aus, dass die Energiekonzerne in Deutschland die Stromversorgung 100-prozentig sichern, gäbe es trotz allem noch einige Totalausfälle. Beispiele für die Ursachen sind Baggerschäden, Verkehrsunfälle, bei denen beispielsweise Strommasten beschädigt werden, und extreme Wetterverhältnisse. Am häufigsten entstehen Ausfälle jedoch durch Installationsarbeiten oder Kurzschlüsse innerhalb des Gebäudes. Auch menschliches Versagen darf nicht ausgeschlossen werden, wie beispielsweise die Putzfrau, die versehentlich den Stecker zieht.

Nicht so perfekt ist auch in Deutschland die Spannungsqualität: Spannungseinbrüche im Millisekundenbereich sind keine Seltenheit. Häufig sind Störungen auf technische Gründe zurückzuführen. Kurzzeitige Spannungseinbrüche in einem Bereich von 100–1000 ms sind system-inhärent und können durch netzbasierte Maßnahmen weder vollständig vermieden noch beseitigt werden. Sie können beispielsweise aus Fehlererkennungszeiten der Schutzrelais und den Schaltzeiten der Leistungsschalter in den Kraftwerken resultieren. Spannungsschwankungen werden aber auch von Verbrauchern verursacht. Unterspannung entsteht durch eine Überbelastung des Netzes, etwa wenn in einer benachbarten Druckerei große Maschinen anlaufen. Für die Computersysteme der angrenzenden Unternehmen können solche Unterspannungen bereits kritisch sein und üble Auswirkungen haben.

Mögliche Folgen sind Hardwareschäden und der Verlust von Daten, beispielsweise bei Bestellvorgängen. Ein weit größerer Schaden entsteht allerdings, wenn es zu einem System- oder gar Betriebsstillstand kommt. Bei Fertigungsanlagen ist auch nach kurzen Stillständen bereits eine komplette Neueinstellung der Maschinen vorzunehmen, was Stunden bis Tage dauern kann. Die Rekonfiguration einer dahingerafften Oracle-Datenbank ist ebenfalls sehr aufwändig. Neben den Kosten für den Techniker, ist dabei auch der hohe Zeitaufwand (etwa 5 Tage) zu berücksichtigen. In der Chemieindustrie müssen Prozesse nach einem Stillstand in der Regel sogar komplett neu begonnen werden.

Eine Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) erfüllt zwischen Versorgungsnetz (Steckdose) und Verbraucher zwei Aufgaben: Sie verbessert die Qualität der Stromversorgung, indem sie Störungen herausfiltert, und übernimmt bei deutlichen Unterspannungen oder bei Stromausfall die Versorgung der Verbraucher. Teilweise sind auch Überspannungsfilter für Netzwerkanschlüsse integriert (Feinschutz, vgl. S. 22).

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USV-Technik

Unterbrechungsfreie Stromversorgungen arbeiten nach zwei verschiedenen Grundprinzipien.

Line-Interactive

Bei der Line-Interactive-Technik, auch Offline- oder Standby-Technologie genannt, wird die vom Netz eingehende Spannung permanent überwacht und analysiert. Bei Abweichungen vom Idealwert oder einem völligen Netzausfall schaltet ein Wechselrichter innerhalb von Millisekunden auf Batteriestrom um. Prinzipiell filtern solche USV die Eingangsspannung aber nicht. Spannungs-Peaks und Schwankungen im Toleranzbereich von 195 Volt bis 260 Volt werden nicht kompensiert. Line-Interactive-USV arbeiten netzabhängig: Die Eingangsspannung ist gleich der Ausgangsspannung. Erst wenn die Eingangsspannung unter den Wert von 195 Volt sinkt oder sich länger über der 260-Volt-Grenze befindet, schaltet die USV auf Batteriebetrieb.

Manche Line-Interactive-USV, wie beispielsweise das Modell ZINTO D der Online USV Systeme AG, sind jedoch mit einer "Buck and Boost"-Funktion ausgestattet, die Spannungsschwankungen reguliert, ohne die Batterie zu beanspruchen und im Batteriebetrieb eine perfekte Sinuswelle am Ausgang gewährleistet. Stellt eine solche USV eine zu hohe oder zu niedrige Spannung fest, so schaltet sie für ein bis zwei Sekunden in den Batteriebetrieb. Gleichzeitig wird ein Stufentrafo am Eingang der USV geschaltet, um die Spannung herauf- oder herunterzutransformieren. Sobald die Netzspannung wieder im normalen Toleranzbereich liegt, schaltet die USV den Transformator wieder zurück. Diese Technik ist sehr batterieschonend. Der Nachteil ist die lediglich stufenweise veränderliche Spannung.

Bei manchen anderen Line-Interactive-Modellen ohne Buck and Boost erfolgt die Spannungskorrektur durch einen Wechselrichter, der bei zu hoher Spannung gegenregelt (Spannung subtrahiert) und bei zu niedrigem Eingang Batteriespannung addiert. Dadurch kann die Ausregelung grundsätzlich stufenlos erfolgen, was allerdings nur selten realisiert ist. Zudem wird die Batterie stark beansprucht. So kann es passieren, dass die Batterie leer ist, obwohl kein Stromausfall stattfand. Trotz allem sind USV dieser Art selbst für hochempfindliche Systeme geeignet.

Ein Nachteil der gesamten Line-Interactive-Technologie ist die Umschaltzeit. Die USV schaltet mechanisch mithilfe eines Relais auf Batteriebetrieb um. Diese Umschaltzeit kann durch die Abnutzung des Relais bis zu 10 ms betragen. Bei manchen Systemen wie beispielsweise Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) verursacht diese Umschaltzeit Probleme.

[Quelle: Online USV-Systeme]
Prinzip von Line-Interactive-USV

Online-Technologie

Die Online- alias Doppel- oder Dauerwandler-Technologie ist netzunabhängig: Die Eingangsspannung wird zu 100 Prozent gefiltert, die Ausgangsspannung bleibt ständig konstant, die Versorgung der Verbraucher ist absolut unterbrechungsfrei. Die eingehende Spannung durchläuft zuerst einen Gleichrichter, dann die Batterie und anschließend einen Wechselrichter, der wieder eine Wechselspannung von 230 V generiert. Diese ist perfekt sinusförmig und frei von Störungen. Unter- und Überspannungen können nicht bis zu den Verbrauchern vordringen. Da die Eingangsspannung permanent über die Batterie läuft, entfällt bei einer Dauerwandler-USV zudem die Umschaltzeit. Diese Technik garantiert damit höchste Verfügbarkeit.

Die meisten Dauerwandler-USV verfügen über einen Bypass, um hohe Einschaltströme abzufedern. Die USV kann dadurch entsprechend dem normalen Leistungsbedarf dimensioniert werden. Wenn beispielsweise am Morgen alle von der Dauerwandler-USV gespeisten Systeme gleichzeitig starten, ist die Anlauflast jedoch zu hoch. Die USV schaltet dann auf Bypass-Betrieb und überbrückt sich selbst. Solange die Überlast besteht, werden die Verbraucher direkt aus dem Netz versorgt. Die Eingangsspannung wird aber in der Regel dennoch gefiltert, sodass ein Basisschutz gewährleistet ist. Der Bypass sichert zudem auch bei einem technischen Defekt der USV die Versorgung der Verbraucher aus dem Netz.

[Quelle: Online USV-Systeme]
Prinzip von Dauerwandler-USV (mit Bypass-Schaltung für netzabhängigen Betrieb bei Überlast)

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Shutdown

Eine wichtige Rolle spielt für die Absicherung einer Anlage aber auch die USV-Software. Im Falle eines längeren Stromausfalls ist früher oder später die Kapazität der USV-Batterie erschöpft. Wenn die Batteriespannung ohne weiteres ausfällt, kommt es zeitverzögert zum gleichen Problem wie bei einem Stromausfall ohne USV. Um dem entgegenzuwirken, überprüft eine Shutdown-Software fortlaufend USV und Stromversorgungsnetz. Am Ende der Überbrückungszeit veranlasst sie einen kontrollierten Shutdown des abgesicherten Computersystems. Das kann entweder unmittelbar per USB oder serieller Schnittstelle erfolgen oder – für mehrere angeschaltete Systeme – in Form einer Client-/Server-Anwendung. Manche USV haben sogar eine eingebaute Ethernet-Schnittstelle oder lassen sich damit nachrüsten.

Eine Client-/Server-Shutdown-Lösung ist beispielsweise DataWatch von Online USV-Systeme AG. Das Server-Modul kommuniziert mit der USV über ein RS232-Kabel. Es sammelt beziehungsweise interpretiert die von der USV ausgesandten Meldungen und stellt sie den Client-Modulen auf den zu steuernden Rechnern zur Verfügung. Die Übertragung der Daten vom Server zum Client kann über TCP/IP, IPX, Named Pipes oder SNMP erfolgen.

Bei einem Stromausfall kann das Server-Modul so genannte Systemereignisroutinen ausführen, etwa bestimmte Verbraucher herunterfahren. Diese Systemereignisroutinen sind an spezifische Bedürfnisse anpassbar. Eine Anlage, die aus einem Server und einigen Workstations besteht, kann auf diese Weise kontrolliert und stufenweise abgeschaltet werden. Ein Beispiel: Fällt der Strom aus, setzt die USV ein. Nach zehn Minuten stoppt das Shutdown-System die Workstations. Dauert der Stromausfall noch länger, so kann rechtzeitig vor dem Batterieausfall auch der Server heruntergefahren werden.

Schließlich enthält eine solche Software auch Benachrichtigungsoptionen, um den Systemverwalter, zum Beispiel per E-Mail, SMS oder Fax über aufgetretene Störungen zu informieren. Zusätzlich lassen sich bei größeren USV über eine spezielle Switch-Box Verbraucher einzeln abschalten, die nicht software-gesteuert zu stoppen sind (Drucker, Modem, ...). Eine solche Switch-Box ist praktisch eine Steckdosenleiste, deren Ausgänge separat per Software zu schalten sind. Manche USV haben getrennt schaltbare Ausgangssteckdosen bereits eingebaut.

Das Client-Modul der USV-Software ermöglicht zudem ein Fernbedienen und -beobachten der USV und des Stromversorgungsnetzes. Der Administrator kann Daten, wie die verbleibende Überbrückungszeit, die Batteriespannung, USV-Temperatur und so weiter abrufen. Ebenso lassen sich verschiedene USV-Tests durchführen oder die Qualität der Stromversorgung überwachen. Eine Batterie-Kalibrierung ermöglicht der Management-Software auch bei gealterten Batterien die tatsächliche Kapazität und Überbrückungszeit des Akkus anzuzeigen. Außerdem können Ereignisprotokolle (Logfiles) eingesehen und analysiert werden.

[Screenshot: USV-Überwachungssoftware]
USV besitzen normalerweise Software zu Fernüberwachung und -steuerung sowie zum geordneten Shutdown von Systemen vor dem Ausfall der Batteriepufferung.

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Checkliste für die USV-Auswahl

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Dezentral oder zentral?

Die optimale Absicherung der Systeme ist in erster Linie von der jeweiligen Infrastruktur abhängig. Ist das Netzwerk komplex und räumlich verteilt, so wären die Kabel von einer zentralen USV zu den Verbrauchern sehr lang und damit auch relativ störanfällig. Hier eignet sich daher eher eine dezentrale Absicherung. Auch im Falle eines Kurzschlusses in der USV ist dann nicht das gesamte System ungeschützt, sondern nur der von dem jeweiligen Gerät versorgte Teil. In der Regel verwendet man bei der dezentralen Absicherung Line-Interactive-USV.

Die zentrale Absicherung hingegen empfiehlt sich bei einer Infrastruktur, die freiliegende Kabel weitgehend ausschließt und auf separat verlegte Kabelstränge zurückgreifen kann. Diese Variante ist meist kostengünstiger als die dezentrale Absicherung, da nur ein Gerät angeschafft werden muss und der Wartungsaufwand geringer ist: Nur eine USV muss überwacht, administriert und kontrolliert werden. Je nach Unternehmensgröße dient zur zentralen Absicherung eine Dauerwandler-USV oder eine leistungsstärkere Line-Interactive-USV.

Grundsätzlich sind USV, wie jedes andere technische Equipment, in regelmäßigen Abständen zu warten. Nur so ist die volle Einsatzbereitschaft gewährleistet. Hierzu wird in der Regel ein Wartungsvertrag mit der Herstellerfirma abgeschlossen, die sich um die Einhaltung der Wartungsintervalle und die Wartung kümmert. Es ist darauf zu achten, dass der Hersteller Standard-Akkus verwendet. Herstellerspezifische Akkus sind meist um den Faktor 3 bis 4 teurer als die üblichen Standard-Akkus.

Lebensdauer der Batterie

Es gibt mehrere Kategorien, in die die Akkus eingeteilt sind. Die meisten Hersteller verwenden wartungsfreie, verschlossene Bleibatterien, die aus sechs Zellen bestehen und eine Lebensdauer von fünf Jahren nach Eurobat haben. Das bedeutet aber nicht, dass der Akku auch fünf Jahre hält. Denn die Lebensdauer ist stark abhängig von der Umgebungstemperatur: Der optimale Wert liegt zwischen 0 und 20 Grad Celsius. Bei Temperaturen unter 0 Grad gefriert das Gel der Batterie, was zu Defekten führt. 30 Grad reduzieren die Lebensdauer auf circa 2,5 Jahre, bei 40 Grad besitzt der Akku nur noch eine Lebensdauer von einem Jahr. Auch Temperaturschwankungen sollte man vermeiden. Zudem sollte die Luftfeuchtigkeit unter "90 Prozent nicht kondensierend liegen" – Kondenswasser ist für alle elektrischen Geräte gefährlich und kann zu Kurzschlüssen führen.

Angelika Netzler ist Fachjournalistin in Augsburg und betreut die Öffentlichkeitsarbeit der Online USV Systeme AG.

© SecuMedia-Verlags-GmbH, D-55205 Ingelheim,
KES 4/2001, Seite 18