Das mSign-Konsortium wurde im Oktober 1999 von Brokat ins Leben gerufen und besteht inzwischen als Non-Profit-Organisation mit Mitgliedern aus allen Bereichen der Wertschöpfungskette, wie Mobilfunknetzbetreibern (T-Mobil, D2 Mannesmann, E-Plus u. a.), Finanzinstituten (Advance Bank, HypoVereinsbank u. a.), Service Providern (Brokat, NSE, PAGO u. a.), SmartCard-Anbietern (ORGA, Gemplus u. a.), Endgeräteherstellern (Siemens u. a.) und Trustcentern (TC TrustCenter u. a.). Weitere Unternehmen haben ihre Mitgliedschaft angekündigt.
Der Markt der mobilen Datenkommunikation wächst rapide und versorgt immer neue Zielgruppen mit immer neuen Diensten. Allerdings mangelt es vielen dieser Dienste noch an der nötigen Sicherheit für die getätigten Transaktionen. Der Einsatz digitaler Signaturen kann Endanwendern und Unternehmen diese Unsicherheit nehmen. Dabei soll die Signatur den Teilnehmer eindeutig identifizieren und dem Kommunikationspartner Rechtssicherheit bieten. Authentizität, Integrität und die Unabstreitbarkeit des Ursprungs sind Anforderungen, die vielen Anwendungen die nötige Akzeptanz verleihen würden.
Beispielsweise können digitale Signaturen TAN-Listen ersetzen, wie sie beim Banking oder Brokerage zum Einsatz kommen, und so den Komfort im mobilen Einsatz erhöhen. Auch beim Mobile Ticketing, mobilen Auktionen, Shops oder Zugriffen von Mitarbeitern auf interne Unternehmensressourcen profitiert die Sicherheit vom Einsatz der digitalen Signatur.
Mobile Endgeräte sind aufgrund ihrer Eigenschaften prädestiniert für den Einsatz solcher Signaturen. Sie sind bereits ab Werk mit einem Display zur Anzeige der zu signierenden Nachricht, einem Tastaturfeld zur PIN-Eingabe und einem SmartCard-Leser ausgestattet. Außerdem sind sie einfach handhabbar und haben bereits eine breite Nutzerbasis. Aus diesem Grund nehmen die Mobilfunknetzbetreiber in den mSign-Szenarien eine Schlüsselrolle ein. Die Zusammenarbeit mit einer Trusted Third Party (TTP) ermöglicht den Aufbau einer Public Key Infrastruktur (PKI), auf deren Vertrauenswürdigkeit sich die Teilnehmer verlassen können.
Die mSign-Spezifikation beschreibt ein Protokoll für die Kommunikation zwischen einem Mobile Service Provider (MSP) und einem Primary Service Provider (PSP), zum Beispiel einem Händler oder einer Bank. Das Ziel ist es, eine standardisierte Schnittstelle für den Primary Service Provider zu schaffen, um über den Mobile Service Provider digitale Signaturen von einem Endanwender anzufordern. Sowohl die Schnittstelle zum mobilen Endgerät als auch zu so genannten Enabling Service Providern (ESP) liegen außerhalb dieser Spezifikation.
mSign spezifiziert Signatur-bezogene Funktionen sowie die Anbindung an externe Anwendungen, jedoch keine applikationsbezogene Funktionalität wie etwa Payment Processing. Kryptographische Protokolle und Datenstrukturen werden nur so weit definiert als unbedingt notwendig. Die Spezifikation bezieht existierende Standards möglichst weit reichend ein.
Die Schnittstelle soll einfach gehalten sein und dazu dienen, die auf der Seite der Endgeräte existierende Vielfalt an Signatur- und Authentisierungsfunktionen in einen einzigen Mechanismus zu überführen. Neben der Kernfunktionalität der Signaturanfragen werden Nachrichten definiert, die weitere Informationen über den Endanwender und das eingesetzte Equipment zulassen. Auch Funktionen für andere Applikationen, beispielsweise Payment Services, sind vorgesehen.
Das zugrunde liegende System umfasst vier Arten von Teilnehmern:
Die mSign-Spezifikation beschreibt ein Protokoll für die
Kommunikation zwischen einem Mobile Service Provider und einem
Primary Service Provider. Sie berücksichtigt in verschiedenen
Leveln allerdings die Sicherheitsqualität auf dem Weg zum
Endkunden.
Das Protokoll ist so aufgebaut, dass der Primary Service Provider grundsätzlich Nachrichten erhält, die mit einer digitalen Signatur versehen sind. Dies gilt unabhängig von der auf Endgeräteseite vorhandenen kryptographischen Funktionalität. Der Primary Service Provider benötigt zur Prüfung der Signatur lediglich ein Zertifikat, das die Identität des Endanwenders an einen Public Key bindet.
Um asymmetrische Signaturen mit allen Arten von Endgeräten zu ermöglichen, ist es notwendig, dass der Endanwender im Besitz eines geheimen Schlüssels (Private Key) ist oder zumindest die Kontrolle über die Nutzung eines solchen Schlüssels hat.
Sofern der geheime Schlüssel nicht im Endgerät selbst gespeichert werden kann, verwahrt der Mobile Service Provider diesen in einer sicheren Hardwarekomponente (S-Box) mit kryptographischem Modul. Der Anwender veranlasst und kontrolliert dann die Private-Key-Operationen aus der Entfernung. Hierfür kommen zusätzliche Sicherheitsmechanismen wie PINs oder symmetrische Signaturen (Message Authentication Codes, MACs) zum Einsatz. Nachrichten an einen Endanwender, die ein Primary Service Provider asymmetrisch verschlüsselt hat, müssen dann beim Mobile Service Provider umverschlüsselt werden, damit das Endgerät sie verarbeiten kann.
Um eine sichere Signatur zu garantieren, muss das
kryptographische Modul beim Mobile Service Provider so
implementiert sein, dass der MSP weder Zugriff auf den geheimen
Schlüssel noch auf die im Klartext vorliegende Nachrichten
hat. Um dies zu gewährleisten, sind allgemeingültige
technische und organisatorische Voraussetzungen für den Mobile
Service Provider zu definieren. Die mSign-Speizifikation liegt auf
www.msign.org zum Download bereit.
Die Kommunikation zwischen Certification Authority (CA) und Mobile Service Provider beruht auf Standardprotokollen, welche die Beantragung und Auslieferung von Zertifikaten sicherstellen. Der Mobile Service Provider kann dabei die Rolle einer Registration Authority (RA) übernehmen.
Zwischen CA und MSP kommen Standardprotokolle (PKIx) zum
Einsatz. Die mSign-Schnittstelle (MESAPI) arbeitet zwischen MSP und
ESP.
Der Ablauf einer mobilen digitalen Signatur lässt sich grundsätzlich in vier Schritten darstellen:
Je nachdem, ob ein kryptographisches Modul zum Einsatz kommt und welche Sicherheitsmechanismen die Endgeräte unterstützen, gewähren die Signaturprozesse eine unterschiedliche Sicherheit. Dies hat mSign in Form von Qualitätsleveln definiert.
Die Rolle des Mobile Service Providers in den verschiedenen
Sicherheitslevels
Dieser Fall erfordert, dass das mobile Netzwerk verlässliche und sichere Transportkanäle zwischen Mobile Operator und Endanwender anbietet, die die sichere Übertragung von unverschlüsselter Authentisierungsinformation (Klartext) zulassen. Auf dieser Ebene wird keine zusätzliche kryptographische Funktionalität implementiert.
Die S-Box des Mobile Service Providers entschlüsselt Nachrichten, die der Primary Service Provider chiffriert hat, und leitet sie an das Endgerät des Anwenders weiter. Wenn die Authentisierung der Endanwender-Antwort erfolgreich ist, erzeugt die S-Box eine zu dieser Spezifikation konforme Signatur und schickt sie an den Primary Service Provider zurück.
Als Konsequenz daraus kann man keine Nachrichten an das Endgerät schicken, die auf anderer als der GSM-Verschlüsselung basieren. Außerdem sind auch keine speziellen kryptographischen Mechanismen zur Authentifikation verwendbar. Der Mobile Service Provider muss die Nachrichten auf Basis von Netzwerk-Informationen wie Mobile Subscriber Identification Number (MSIN) oder PIN authentisieren.
Dieser Qualitätslevel eignet sich für Applikationen mit mittleren Sicherheitsanforderungen, zum Beispiel für Shopping-Anwendungen. Level 1 lässt sich kurzfristig auf Basis bestehender GSM-Netzwerke und -Endgeräte mit Standard-SIM-Karten umsetzen. Die hohe Anzahl von GSM-Kunden, die diese Infrastruktur bereits nutzen, ermöglicht eine sehr starke Marktpenetration.
Die Initialisierung des Dienstes läuft wie folgt ab:
Anschließend lässt sich der Dienst wie folgt nutzen:
Die zweite Qualitätsebene setzt voraus, dass das Endgerät des Users eine geeignete Sicherheitsfunktion unterstützt, die auch einer Applikation zur Verfügung steht. Ein Beispiel hierfür sind SIM-Karten mit einer GSM-SIM-Toolkit-Anwendung für symmetrische Krypto-Algorithmen. In diesem Fall werden die Nachrichten zwischen dem Mobile Service Provider und dem Endgerät symmetrisch verschlüsselt und signiert. Die vom Primary Service Provider verschlüsselten Nachrichten werden beim Mobile Service Provider unter Berücksichtigung der Funktionalität des anzusprechenden Endgerätes umverschlüsselt.
Jede anspruchsvolle Applikation, zum Beispiel Payment oder Banking, kann diesen Qualitätslevel nutzen. Die Initialisierung des Dienstes läuft wie folgt ab:
Nach dieser Initialisierung kann man den Dienst wie folgt nutzen:
Die dritte Qualitätsstufe ermöglicht eine Ende-zu-Ende-Sicherheit zwischen dem Consumer-Gerät und dem Primary Service Provider. Hierbei müssen die Endgeräte Anwendungen und Schlüssel für asymmetrische Algorithmen (RSA oder ECC) unterstützen.
In dieser Qualitätsstufe entfällt die Umverschlüsselung beim Mobile Service Provider. Der MSP könnte an den Endanwender verschlüsselte Nachrichten auch gar nicht dechiffrieren. Die Signatur wird ebenfalls direkt im mobilen Endgerät des Anwenders erzeugt.
Dieses Szenario kommt dann zum Einsatz, wenn Endgeräte mit Signierfunktion erhältlich sind und der Primary Service Provider die direkt auf dem Endgerät erzeugten Signaturen benötigt. Applikationsbeispiele hierfür sind Banking, Lotterie sowie Anwendungen im öffentlichen Sektor (Verwaltungsdienstleistungen usw.).
Die Initialisierung des Dienstes läuft wie folgt ab:
Die Personalisierung der Karte wird folgendermaßen gelöst:
Die Nutzung des Dienstes nach dieser Initialisierung und Personalisierung sieht wie folgt aus:
Gegenüberstellung der verschiedenen mSign-Sicherheitsstufen
mit der erforderlichen Infrastruktur, möglichen Anwendungen
sowie Kosten und Nutzerbasis
Das mSign-Protokoll unterstützt eine Vielzahl von Business-Modellen durch den Einsatz einer einheitlichen Infrastruktur für die Primary Service Provider. Die verschiedenen Szenarien unterscheiden sich nur noch in der Art und Weise, welche Partei die Kontrolle über das Erstellen der Signaturen übernimmt. Der unterschiedliche Einsatz digitaler Signaturen ermöglicht dabei eine qualitative Unterscheidung der über das mobile Endgerät getätigten Transaktionen.
Weitere Dienstleistungen sind aufgrund der beim Mobile Service Provider vorhandenen Daten möglich: So kann er eine "Qualitätsprüfung" für jeden Kunden vornehmen und darauf basierend Aussagen gegenüber dem Primary Service Provider treffen, zum Beispiel "Kunde ist älter als 18 Jahre" oder "Kunde besitzt Bonität für ein Transaktionsvolumen in Höhe von 5000 DM". Durch die verschiedenen Rollenkonzepte können Service Provider in kürzester Zeit den Markteintritt schaffen und für die Migration innerhalb der verschiedenen Level vorbereitet sein.
Dipl.-Kfm. Michael Sillus arbeitet im Product Management bei der TC TrustCenter GmbH, Hamburg.
© SecuMedia-Verlags-GmbH, D-55205 Ingelheim,
KES 6/2000, Seite 40